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Oberste Schweizer Reformierte Ist Donald Trump ein guter Christ, Frau Famos?

Religion hat in der Trump-Administration einen hohen Stellenwert – er legitimiert damit bestimmte politische Entscheide. Vor allem aber bilden konservative Christen die Machtbasis des US-Präsidenten. Die Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz geht deutlich auf Distanz und spricht von einer Instrumentalisierung der Religion.

Rita Famos

Präsidentin Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz

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Rita Famos ist seit 2021 die «oberste Reformierte» der Schweiz. Vorher war sie unter anderem Pfarrerin in Uster und präsentierte das «Wort zum Sonntag» beim Schweizer Fernsehen. Famos hat Theologie in Bern, Deutschland und den USA studiert.

SRF News: Ist Donald Trump ein guter Christ?

Rita Famos: Es steht mir nicht zu, das zu beurteilen. Das tut der liebe Gott.

Trump nimmt es mit der Wahrheit nicht sehr genau. Seine Politik gegenüber Minderheiten ist höchst umstritten. Trotzdem sagen Sie nicht, ob er ein guter oder schlechter Christ ist?

Wenn man ihn misst an unseren Werten von Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, dann habe ich natürlich Fragezeichen. Auch wenn er und sein Glaubensteam, das er um sich geschart hat, Gott derart instrumentalisieren. Und wenn er zum Beispiel sagt, Gott verbiete Abtreibung, dann entspricht das nicht dem biblischen Gottesbild.

Donald Trump instrumentalisiert Gott.

In seiner Inaugurationsrede sagte Donald Trump über das gescheiterte Attentat gegen ihn: Gott habe ihn gerettet, damit er Amerika wieder gross mache. Wie wirkt das auf Sie als Kirchenpräsidentin?

Das ist genau eine Instrumentalisierung von Gott, indem er sagt: Meine Religion stützt meine Konzepte, meine Agenda und Gott will, dass ich eine Führerfigur bin. Russlands Präsident Wladimir Putin macht das übrigens ähnlich mit der orthodoxen Kirche, die für ihn den Krieg gegen die Ukraine legitimiert.

Trump stellt sich als Retter dar. Wir aber sagen: Wir haben nur einen Retter und das ist Jesus.

Bedient sich Trump mit seiner Erzählung zum Attentat bei der Ostergeschichte – ein Heilsbringer, gerettet vor dem Tod?

Ja, er macht das sehr geschickt und stellt sich als Retter dar. Wir aber sagen: Wir haben nur einen Retter und das ist Jesus Christus und kein anderer. Jesus steht über allen Herrschern dieser Welt.

Personen sitzen an einem gedeckten Tisch bei einem formellen Abendessen.
Legende: Donald Trump an einem Oster-Gebet im Weissen Haus am 16.4.2025. KEYSTONE/EPA BLOOMBERG POOL/AL DRAGO

Was macht Sie sicher, dass Ihre Interpretation des Glaubens stimmt? Sind Sie sicher, dass Gott zum Beispiel nichts gegen Abtreibung hat?

Ich bin kein Päpstin, ich habe auch kein Glaubensbüro wie Donald Trump, das erklärt, was richtig und falsch ist. Wichtig ist in der reformierten Tradition, dass man keine absoluten Wahrheiten verkündet. Wir diskutieren die Fragen der heutigen Zeit im Licht des Evangeliums und wir streiten darüber. Die Menschen sollen selber denken und sich ein eigenes Urteil bilden.

Sobald man Religion zu sehr mit Macht verbindet, wird sie zur Gefahr.

Welchen Wert hat Religion überhaupt, wenn man sie interpretieren und missbrauchen kann für politische Zwecke?

Die Gläubigen müssen sich gegen einen solchen Missbrauch stellen. Aus Religion kann man Kraft schöpfen. Aber sobald man Religion zu sehr mit Macht verbindet, wird sie zur Gefahr. Wir kennen das aus der Geschichte. Wir als Verantwortliche für die Religionsgemeinschaften müssen dafür sorgen, dass das nicht passiert.

Sie haben einen Teil Ihres Theologie-Studiums in den USA absolviert. Donald Trumps Machtbasis sind evangelikale Christen. Was verbindet ihn mit ihnen?

Donald Trump war ursprünglich Presbyterianer. Dann hat er aber gemerkt, dass die Evangelikalen ein Faktor sind in der Gesellschaft. Zusammen mit Vizepräsident J.D. Vance, der einen konservativen Katholizismus vertritt, hat er so einen grossen Teil der Gesellschaft auf seiner Seite. Das ist ein Teil seines Machtkalküls.

Sehen Sie eine Tendenz, dass eine konservativ-evangelikale Auslegung des Christentums auch in der Schweiz zunimmt?

Ja, religiös-konservative Strömungen haben heute eine gewisse Attraktivität – in den Freikirchen, aber auch innerhalb der evangelisch-reformierten Kirche.

Das Gespräch führte Dominik Meier.

Samstagsrundschau, 19.04.2025, 11:30 Uhr ; 

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