Wie ökologisch sind unsere Parlamentarierinnen und Parlamentarier unterwegs? SRF hat sechs Politikerinnen und Politiker bei sich zu Hause besucht und deren ökologischen Fussabdruck mit Hilfe des WWF-Rechners angeschaut.
Matthias Zopfi: «Wir produzieren mehr Strom, als wir verbrauchen»
Der Grüne Ständerat Mathias Zopfi wohnt in einem kleinen, älteren Eigenheim im glarnerischen Engi. Es ist ein kleiner Ort, wo sich die Nachbarn kennen. Klein ist auch sein Haus. Er wohnt mit seiner Frau und seiner Tochter auf gut 120 Quadratmetern. Das wird vom WWF-Rechner als gut bewertet.
Auch heizt der Ständerat sparsam, auf maximal 19 Grad im Winter. Früher, ohne Zentralheizung, war es noch kühler im Haus. Mit dem Kachelofen waren es gerade mal 14 Grad. «Da hat aber meine Frau reklamiert», so Zopfi. Heute hat Zopfi einen kleinen Energieverbund mit seinen Brüdern, die in einer Reihe neben ihm wohnen. Beide Brüder beziehen Solarstrom von Zopfis Dach. Im Gegenzug bezieht er Wärme von der Pellet-Heizung, die bei seinem Bruder steht. «Übers ganze Jahr gesehen produzieren wir deutlich mehr Strom, als wir verbrauchen. Die Heizung ist effizient.»
Potential hat Zopfi laut dem WWF-Rechner noch bei der Ernährung. Täglich isst er Fleisch. Pflanzliche Eiweisse, das steht weniger auf seinem Speiseplan. «Ich konsumiere eher Gemüse.» Das Fleisch vollständig mit Ersatzprodukten ersetzen wolle er nicht. Und: «Aufhören, Fleisch zu essen, werde ich wohl nicht.»
Fazit: Rund 1.8 Planeten würde es brauchen, würden alle Menschen so leben wie Zopfi. Rund drei Erden brauchen Schweizerinnen und Schweizer im Durchschnitt. Künftig will der Ständerat bewusst Fleisch essen und etwas mehr Velo statt Auto fahren. Obwohl: Zopfi fährt ein Elektroauto und lädt es mit dem Solarstrom von seinem Dach.
Philipp Kutter: «Das nächste Auto soll Elektro-Antrieb haben»
Mitte-Nationalrat Philipp Kutter hat ein eigenes Haus im zürcherischen Wädenswil. Punkto Mobilität ist er laut dem WWF-Rechner gut unterwegs. Er fährt viel Velo, Bus und Zug. Das Auto, ein Benziner, braucht er selten. «Das Auto benutze ich vor allem im Freizeitverkehr. Mit der Familie ist das Auto halt schon praktisch, wenn man zusammen unterwegs ist.»
Beim WWF-Rechner gibt er an, dass er privat in den letzten fünf Jahren nicht geflogen ist. Kutter muss nicht unbedingt auf einem anderen Kontinent Ferien machen. «Diesen Sommer gehen wir zum Beispiel nach Savognin ins Bündnerland. Die Schweiz bietet wunderbare Ecken. Und auch in Europa kann man schöne Ferien machen.»
Das grösste Potential hat Kutter im Bereich Wohnen und Heizen. Den Wohnbereich heizt er im Winter auf 21 Grad – mit Biogas. Laut WWF nicht die umweltfreundlichste Heiz-Methode. «Die Gasheizung ist sicher für den Umwelt-Rechner nicht das Optimale. Wir kompensieren das mindestens so, dass wir Biogas einkaufen.»
Potential nach oben hat Kutter auch bei der Ernährung. Früchte und Gemüse kauft er zwar direkt ab Hof. Aber auf dem Tisch stehen oft Nahrungsmittel mit tierischen Eiweissen. Fast täglich gibt es Fleisch, auch oft Käse. «Der Käse, das ist meine persönliche Leidenschaft und Schwäche. Und ab und zu habe ich auch gerne eine Salami.»
Fazit: Rund 2.1 Planeten bräuchte es, würden alle so leben wie Kutter. Er ist damit unter dem Schweizer Durchschnitt. Künftig will Kutter noch einiges verändern: Sein nächstes Auto etwa soll einen Elektro-Antrieb haben.
Barbara Schaffner: «Ich achte darauf, Ökostrom zu kaufen»
GLP-Nationalrätin Barbara Schaffner ist gerne zu Hause in ihrem Haus im zürcherischen Otelfingen. Punkto Energie ist Schaffner gut unterwegs. Das Minergie-Haus der Nationalrätin wird mit Solarstrom versorgt. Mit dem Strom vom Dach lädt sie auch ihr E-Bike auf. Ein eigenes Auto hat Schaffner nicht.
Geheizt wird mit einer Wärmepumpe. Doch auch Schaffner muss im Winter Strom zukaufen. «Da achte ich darauf, dass wir Ökostrom einkaufen.» Ein ökologischer Nachteil ist gemäss WWF die grosszügige Wohnfläche. Mit ihren beiden Kindern lebt sie auf rund 210 Quadratmetern. «Es ist mir bewusst, dass wir uns da etwas herausnehmen. Aber wir nutzen das Haus auch sehr viel. Ich arbeite zu Hause, wir haben auch manchmal Versammlungen hier. Wir fahren nicht viel weg übers Wochenende und auch in den Ferien sind wir oft da.»
Punkto Nahrungsmittel versorgt sich Schaffner mit vielem aus dem eigenen Gemüsegarten. Und die eigenen Hühner liefern Eier. Positiv auf die Bilanz wirkt sich die sparsame Lebensmittelverwendung aus. Weggeworfen wird bei Familie Schaffner fast nichts. «Ich koche relativ spontan mit dem, was ich habe. Ich plane keine grossen Menüs. Oft kreiere ich etwas aus den Resten.»
Fazit: Rund 2.6 Planeten würde es brauchen, würden alle so leben wie Schaffner. Damit ist sie besser als der Schnitt der Schweizerinnen und Schweizer. Künftig will Schaffner allenfalls die Fläche der Solarpannels noch vergrössern.
Martina Bircher: «Das Auto haben wir aus praktischen Gründen»
SVP-Nationalrätin Martina Bircher wohnt mit ihrem Partner und ihrem kleinen Sohn in einem Reihenhaus in Aarburg, mit Blick auf die Burg. Sie beschreibt sich als sparsam, aber nicht als jemanden, der «auf Biegen und Brechen nachhaltig sein will».
Beim WWF-Rechner gibt sie an, fast nie Lebensmittel wegzuwerfen. «Bei uns kocht mein Partner. Er ist gelernter Koch und weiss, wie man leckere Sachen aus Resten zubereitet», erklärt Bircher. Etwas weniger gut schneidet sie ab, wenn es um den Inhalt des Kühlschranks geht. Täglich gibt es Fleisch bei ihr zu Hause. «Wir sind Fleischesser», hält Bircher fest, Linsen schmeckten ihnen weniger gut.
Die Familie lebt zu dritt auf 150 Quadratmetern, in diesem Bereich schneidet die Nationalrätin gut ab. «Ich denke, wir sind da eine typische Schweizer Familie, was unseren Platzbedarf angeht.»
Luft nach oben hätte Martina Bircher bei der Mobilität. Durchschnittlich 10'000 Kilometer im Jahr legt sie im Auto zurück. «Das Auto haben wir aus praktischen Gründen, vor allem zum Einkaufen mit der Familie», so Bircher. Nach Bern fahre sie mit dem Zug und in der Freizeit sei sie viel mit dem E-Bike unterwegs.
Vor dem Reihenhaus von Martina Bircher liegen im Garten Spielsachen ihres Sohnes, und auch ihr kleiner Hund schaut vorbei. In der Sonne glitzert der Pool. Obwohl der im WWF-Rechner kein Thema ist, stellen wir die Frage nach der Nachhaltigkeit. Sie hätten das Haus schon mit Pool vom Vorgänger gekauft, erklärt Bircher. «Zuschütten wäre jetzt auch schade, aber wir versuchen, auch hier sparsam zu sein und haben jetzt zwei oder drei Jahre dasselbe Wasser benutzt.»
Fazit: Es bräuchte rund 2.5 Planeten, würden alle Menschen so leben wie Martina Bircher. Damit liegt sie knapp unter dem Schweizer Schnitt von drei Planeten. Ändern will die Nationalrätin nichts, sie ist zufrieden mit ihrem ökologischen Fussabdruck.
Matthias Jauslin: «Der Pool ist sehr nachhaltig»
Der FDP-Nationalrat geniesst die schöne Aussicht vor seinem Einfamilienhaus im aargauischen Wohlen. Er heizt mit Gas und lebt mit seiner Frau auf 200 Quadratmetern. Laut dem WWF-Rechner hat der Politiker denn auch beim Thema Energie und Wohnen am meisten Potential, sich zu verbessern.
Von einem Mitbewohner will Jauslin zwar nichts wissen, gibt aber zu: «Wir haben viel Fläche, vielleicht auch zu viel Fläche, und wir werden uns eine Optimierung überlegen». Konkret: Jauslin plant, auf dem Grundstück ein Stöckli zu bauen und das Haus einem seiner erwachsenen Kinder zu übergeben.
Bei der Mobilität sieht es besser aus bei Matthias Jauslin: Er ist in den letzten fünf Jahren weniger als zwei Stunden geflogen und es stehen zwei Elektroautos in seiner Garage. Er sei sehr zufrieden mit den Autos. «Ich kann Personen nicht verstehen, die noch mit Verbrennungsmotoren unterwegs sind», sagt er.
Potential hätte Jauslin beim Konsum. Für Kleider und Schuhe gibt er laut WWF-Rechner viel aus. Er habe einen gewissen Anspruch an Business-Kleider, weil er im Parlament sei, so Jauslin. Und: «Wenn ich in einem Geschäft bin und die Verkäuferin oder der Verkäufer kann mir noch etwas anbietet, dann kann ich nicht widerstehen und nehme dieses Stück auch noch, wenn ich schon mal dabei bin.»
Vor dem Haus von Jauslins steht ein Pool, der wird vom WWF-Rechner zwar nicht erfasst, wirkt aber auf den ersten Blick nicht sehr nachhaltig. Da hält der Nationalrat dagegen: «Dieser Pool ist sehr nachhaltig, das ist ein Bio-Pool.» Er sei vor neun Jahren gefüllt worden und werde seither nur mit Regenwasser aufgefüllt.
Fazit: Es bräuchte 2.4 Planeten, würde alle Menschen so leben wie Matthias Jauslin. Damit liegt er noch knapp unter dem Schweizer Schnitt. Der Nationalrat will in Zukunft sein Heizsystem überdenken und seine Wohnfläche verkleinern.
Gabriela Suter: «Wir essen kein Fleisch»
Die Aargauer SP-Nationalrätin Gabriela Suter lebt in einem hundertjährigen Einfamilienhaus in Aarau. Auf den ersten Blick fällt einem die Grösse des Hauses auf. Und genau in diesem Bereich sieht der WWF-Rechner auch tatsächlich das grösste Verbesserungspotenzial bei Gabriela Suter. Sie bewohnt mit Partner und Sohn auf rund 200 Quadratmetern. Viel für drei Personen.
Ihr sei bewusst, dass sie «auf grossem Fusse» lebe, sagt die Nationalrätin. Doch immerhin würden sie und ihr Partner das Haus auch als Büro nutzen. Und in Zukunft, wenn auch das zweite Kind ausgeflogen sei, wolle sie ihre Wohnfläche verkleinern, indem sie einen Teil als separate Wohnung abtrenne und vermiete.
Ansonsten schneidet Suter im WWF-Rechner sehr gut ab. Sie hat kein Auto, gibt an, sie sei die letzten fünf Jahre nie geflogen und isst weder Fleisch noch Eier. «Wir essen aus ethischen Gründen kein Fleisch», sagt Suter. Der Blick in den Kühlschrank bestätigt ihre Aussage: Statt Fleisch liegt Tofu im Kühlfach. Einzige Fleischfresserin im Haushalt ist Katze Lilly.
Auch bei der Energie schneidet Gabriela Suter gut ab. Im Keller steht eine Wärmepumpe, das Warmwasser wird mit Sonnenkollektoren geheizt.
Fazit: Rund 1.8 Planeten bräuchte es, wenn alle so leben würden wie Suter. Sie liegt damit weit unter dem Schweizer Durchschnitt. Suter will sich aber noch verbessern. Sie plant als Nächstes eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach ihres Hauses. Die SP-Nationalrätin ist aber überzeugt, dass es nicht reiche, in der Bevölkerung nur auf Eigenverantwortung zu setzen punkto nachhaltigem Verhalten: «Eigenverantwortung allein reicht nicht aus, es braucht auch Regulierungen.»