Thomas Eggenschwiler steht auf einem Dach und montiert eine Solaranlage. Klingt unspektakulär, war vor kurzem aber noch undenkbar. Noch vor drei Jahren arbeitete der Solothurner als Bäcker und wollte bloss die Bäckerei wechseln: «Wegen Corona bekam ich die versprochene Stelle aber nicht und musste etwas anderes finden.»
Er heuerte in der Solarbranche an, die bis heute händeringend nach Leuten sucht. Eine Ausbildung für das Installieren von Solaranlagen hatte Thomas Eggenschwiler nicht. Und hat sie bis heute nicht. Er ist damit der typische Mitarbeiter in der Branche.
Denn Solarfirmen setzen auf Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. Sie tun dies gezwungenermassen, denn die Nachfrage nach neuen Anlagen ist riesig. Und der Ausbau soll in diesem Tempo weitergehen, verlangt die Politik.
Helion, einer der grössten Anbieter von Photovoltaikanlagen in der Schweiz, stellt pro Monat 20 neue Mitarbeitende an. Die Ausbildung funktioniert bei den Quereinsteigern in den meisten Fällen on-the-job. Dies sei nicht immer ideal, findet Thomas Eggenschwiler: «Ich musste immer aus meinen Fehlern lernen, das ist natürlich mühsam.»
Übungshaus soll Ausbildung verbessern
Deshalb investieren die Solarfirmen in die Ausbildung. Helion hat dazu ein ganzes Modellhaus gebaut, in einer Fabrikhalle am Hauptsitz in Zuchwil (SO). Künftige Mitarbeiter sollen hier ihre ersten Erfahrungen machen und nicht gleich beim Kunden Zuhause.
Neben dem realitätsnahen Dach kann im Übungshaus auch geübt werden, wie Solaranlagen angeschlossen und in Betrieb genommen werden. Im Erdgeschoss des Hauses sind verschiedene Wechselrichter, Speicher und Wärmepumpen vorhanden.
«Wir haben hier auch ein Schalttableau, bei dem Fehler eingebaut werden können», erklärt Nino Joller, Geschäftsleitungsmitglied von Helion. Somit können die gängigsten Fehler simuliert und die Mitarbeiter getestet werden.
Das Übungshaus ist primär für die Mitarbeitenden von Helion gedacht. Das Trainingscenter soll aber auch für Mitarbeitende anderer Firmen offen stehen. Und bald auch für Lernende.
Zwei neue Berufslehren
Denn ab Sommer 2024 gibt es zwei neue Berufslehren, die helfen sollen den enormen Personalbedarf der Branche abzudecken. In einigen Jahren sollen 200 Lernende pro Jahr die Berufslehren zum Solarmonteur und zur Solarinstallateurin abschliessen.
Nur durch Lernende kann der Personalbedarf aber nicht gedeckt werden, sagt Frank Rutschmann, Leiter der Sektion Erneuerbare Energien beim Bundesamt für Energie. «Im Moment werden so viele Solaranlagen installiert, wie noch nie». Gemäss aktuellen Schätzungen braucht es in der nächsten Zeit 1500 neue Leute in der Branche pro Jahr.
Neben Lernenden sind deshalb auch in Zukunft viele Quereinsteigerinnen gesucht, die ebenfalls eine Ausbildung erhalten sollen. Auch deshalb zahlte der Bund an das Übungshaus in Zuchwil einen niedrigen sechsstelligen Betrag, wie Rutschmann ausführt.
Berufsabschluss für Quereinsteiger
Neben «learning by doing» und der firmeninternen Ausbildung gibt es ab nächstem Sommer auch für Quereinsteiger die Möglichkeit, einen Berufsabschluss zum Solarinstallateur EFZ zu machen.
Ein Angebot, das der ehemalige Bäcker Thomas Eggenschwiler auf jeden Fall annehmen will: «Ich sehe meine Zukunft in diesem Job, möchte aber ein Zeugnis im Sack haben.»