Bis 2035 sollen alle Billetautomaten aus Bahnhöfen, Bussen und Trams verschwinden. Die Automaten sind teuer und aufwändig im Betrieb. Die ÖV-Branche setzt auf Lösungen mit Smartphones. Wer aber die Fahrkarte nicht mit dem Smartphone kaufen will oder kann, löst heute das Bus-Ticket beim Chauffeur oder der Chauffeuse im Fahrzeug selbst. Das sei nicht mehr zeitgemäss, sagen die ÖV-Betriebe und prüfen Alternativen.
Im Aargau läuft ein Pilotprojekt auf der Buslinie 340 zwischen Wohlen im Freiamt und Meisterschwanden im Seetal. Eine 90-jährige Frau steigt zu und will ein Ticket lösen: Von wo nach wo fährt sie? Besitzt sie ein Halbtax? Sie beantwortet die Fragen und bezahlt bar, der Chauffeur gibt ihr Ticket und Rückgeld. Der Busfahrer verliert allerdings damit wertvolle Zeit, weswegen der Bus den Fahrplan schlimmstenfalls nicht einhalten kann.
Passagiere mit dem Abo ärgern sich, wenn wir immer den Anschluss verpassen.
Zwei bis drei Billetverkäufe könnten eine Fahrt bereits verspäten, sagt Busfahrer und Fahrdienstleiter Mirdas Sabanoski. «Das ist jeden Morgen so, vor allem in der Rushhour, wenn die Busse voll sind. Jene mit dem Abo oder mit einem GA ärgern sich, wenn wir immer den Anschluss verpassen.» Pro Halt rechne man mit zehn Sekunden. Da liegen Ticketverkäufe nicht mehr drin, so Sabanoski.
Klar, mit der SBB-App, der Fairtiq-App und vergleichbaren Angeboten oder mit einem Abonnement im Portemonnaie gibt es schon diverse bargeldlose Ticketmöglichkeiten. Um auch für die 90-jährige Dame in unserem Beispiel eine Lösung zu finden, ohne dass sie den Busfahrer aufhält, läuft nun ein einjähriges Pilotprojekt von Aargau Verkehr. Ein neues Gerät soll dabei helfen.
Ticket ohne Hilfe selbst kaufen
Es handelt sich um eine neue Technologie, die seit mehreren Wochen in den Bussen installiert ist. Ein kleines Kästchen, womit das Ticket per Druck aufs Display kontaktlos und bargeldlos gekauft werden kann. Bezahlt wird nicht mit Münz, sondern nur mit der Bankkarte, der Kredit- oder Debitkarte.
Das Kästchen ist im Bus installiert. Der Fahrgast muss die richtige Zone wählen, bezahlen, fertig. Es wird kein Papierticket ausgegeben, das Ticket ist auf dem Zahlungsmittel gespeichert und kann vom Kontrolleur mittels App abgerufen werden. Wählbar sind zwei Zonen, der Zonenplan ist im Bus angebracht.
Variante mit Zukunft?
Eine ganz ähnliche Lösung testet man im Kanton Graubünden: eine Pre-Paid-Lösung. Die Kundinnen und Kunden können sich ein Guthaben auf eine Karte laden lassen, den Swisspass zum Beispiel, und damit dann bargeldlos ein Ticket kaufen. «Diese Zahlungsmethoden werden sich durchsetzen», sagt Reto Hügli von der Branchenorganisation Alliance Swisspass.
Im Aargau kann das Ticket auf der Buslinie 340 nur noch bis März beim Chauffeur gekauft werden, danach nur mittels Kästchen. Dann soll sich zeigen, ob das System die Lösung ist. Bis jetzt werde es noch selten genutzt, es sei aber auch noch neu, heisst es bei Aargau Verkehr.
Für Busfahrer Mirdas Sabanoski wären die Fahrten ohne Münz ein grosser Vorteil. Die Fahrerinnen und Fahrer müssen nach Feierabend nämlich jeweils noch das Münz bei der Post einzahlen. Dafür haben sie eine Postkarte. Vielen ist der Aufwand bei der Post jedoch zu gross, weil man das Münz dort in Papierrollen abgeben muss.
Um kostbare Zeit zu sparen, gehen Sabanoski und seine Kollegen deshalb eher den Weg über die Bank. Dort ist die Münzabgabe via Automat viel einfacher – bis zu drei Prozent Gebühren müssen sie jedoch aus dem eigenen Sack berappen. Sie trauern den Münzzahlungen also kaum nach.
Immerhin kann die 90-jährige Dame ohne Smartphone ein Ticket lösen. Der Ticketverkauf mit Bargeld gehört wohl aber trotzdem bald der Vergangenheit an.