Sportwetten waren sein Ding. Das sagt Luca, ein junger kaufmännischer Angestellter, der unter Pseudonym auftritt. Mit kleinen Beträgen fängt alles an. Fünf Franken mal hier und mal da: «Kommt dann mal ein Gewinn von 600 Franken, geht es rasch auf ein neues Niveau mit höheren Einsätzen.»
Und so setzt Luca immer mehr auf die vermeintlichen Sieger – im Fussball, Eishockey und Tennis. Doch in den eigentlichen Teufelskreis kommt er nach eigenen Angaben nach dem Lehrabschluss 2018, als der erste grosse Lohn eintrifft. Und er sich vormacht, mit dem Geld verlorene Gewinne ausbügeln zu können.
Luca gerät in eine Abwärtsspirale: Am Anfang ist es zwar noch das eigene Geld, das er verspielt, und er glaubt alles im Griff. «Dann aber verschoben sich meine Prioritäten immer mehr aufs Zocken: Rechnungen für Miete und anderes wurden verspätet oder gar nicht mehr bezahlt. Letztlich lieh ich mir Geld unter falschem Vorwand aus.»
Spielsüchtige finden immer eine Lösung, um an Geld zum Zocken zu kommen.
Eltern und Freunde werden angepumpt, angelogen, vertröstet. Auch andere Wege findet Luca, um an Geld zu kommen. Sie sollen zum Schutz anderer nicht näher beschrieben werden. Luca sagt nur soviel: «Es spielt keine Rolle, wie intelligent ein Spieler ist. Spielsüchtige finden immer eine Lösung, um an Geld zum Zocken zu kommen.»
Der Anfang vom Ende
Irgendwann schlägt das Warnsystem eines Online-Wettanbieters Alarm. Luca sollte Dokumente einreichen und seine finanziellen Verhältnisse offenlegen. Einmal ertappt, lässt er sich aber lieber schweizweit sperren. Doch die Sucht ist stärker. Luca spielt bei ausländischen Anbietern weiter. Und so greift er in die Kasse seines damaligen Arbeitgebers. Er fliegt auf und verliert seinen Job.
«Nicht lange ging es, bis alle meine Kolleginnen und Kollegen über die Hintergründe Bescheid wussten und mein ganzes Kartenhaus aus Lügen zusammenbrach», so Luca. Die Bilanz des heute 24-Jährigen nach ein paar Jahren Spielsucht: eine Viertelmillion Schulden.
Massive Zunahme der Spielsüchtigen
Luca ist kein Einzelfall. Laut einer neuen Studie der Stiftung Sucht Schweiz hat sich der Anteil problematischen Spielverhaltens seit 2019 verdoppelt. Eine neue Sensibilisierungs-Kampagne soll nun gefährdete Personen auf Beratungsangebote aufmerksam machen. Denn viele holen sich zu spät Hilfe.
Dies kann Luca bestätigen. Auch er hat zu spät um Hilfe gebeten. Den Spielsüchtigen empfiehlt er darum: «Genug früh Hilfe suchen, diese auch annehmen und von Anfang an alles auf den Tisch legen, jeden einzelnen verzockten Rappen.»
Die rettende Therapie – und die verlorenen Jahre
Luca hilft eine stationäre Verhaltenstherapie in einer psychiatrischen Klinik, um dem Teufelskreis zu entkommen. Er hat Glück und findet auch wieder eine Arbeit. Sein Arbeitgeber weiss von seiner Vergangenheit.
Die Viertelmillion Schulden muss und will er zurückzahlen. Über die nächsten 13 Jahre, das ist die Abmachung. «Da denkt man schon darüber nach, was in dieser Zeit alles kommen könnte, eine Hochzeit etwa oder Kinderpläne. Mit 37 könnte er schuldenfrei sein. Bis dann muss er ein Leben am Existenzminimum führen.