Organ-Transplantationen waren 2022 in der Schweiz grosses Thema: Die Abstimmung im Mai brachte ein deutliches Ja zum neuen Transplantations-Gesetz. Und trotzdem war die Abstimmung keine gute Werbung fürs Organspenden.
«Die kritische Kampagne der Gegner hat viele Leute verunsichert», sagt der Direktor von Swisstransplant. «Vor allem in der Innerschweiz haben wir festgestellt, dass nach der Abstimmung mehr Skepsis gegenüber Organspenden vorhanden ist.» Insgesamt stagnieren die Zahlen der Organspender in der Schweiz schon seit einigen Jahren.
Zugang für Hacker ein Leichtes
Da kommt es zur Unzeit, dass ausgerechnet jetzt das Nationale Organspende-Register, ein wichtiges Werkzeug zur Vermittlung von Spendern und Empfängern, gelöscht wird. Über 130'000 Personen hatten dort digital hinterlegt, ob sie ihre Organe spenden möchten oder nicht.
Im Herbst hat der Stiftungsrat von Swisstransplant beschlossen, das nationale Register komplett zu löschen. Dies, weil der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte den schriftlich festgehaltenen Entscheid, ob jemand Organe spenden will oder nicht, als höchst schützenswerte private Daten einschätzt.
Er kritisierte das Organspende-Register von Swisstransplant: Das IT-System sei zu wenig sicher vor Hackern. Diese könnten den Registereintrag einfach einsehen oder ändern.
Etwa indem sie das E-Mail-Konto einer Person knacken und dort allenfalls Mails mit der Option «Passwort zurücksetzen» finden – damit sei der Zugang ein Leichtes. Deshalb wurde die Datenbank am 5. Dezember gelöscht. Bis am 3. Januar werden auch sämtliche Backup-Daten im Daten-Nirvana sein.
Spitäler kritisieren Entscheid
Gerade die Spitäler verlieren damit ein wichtiges Werkzeug. «Wir bedauern, dass wir keinen Zugriff mehr haben», sagt Sabine Camenisch, ärztliche Leiterin des Bereichs Organspende am Transplantationszentrum des Inselspitals Bern.
Eine Registrierung muss niederschwellig und zeitnah möglich sein.
Der Verlust des digitalen Registers sei ein Rückschritt. Denn nun blieben den Spitälern nur papierene Spenderausweise, schriftliche Patientenverfügungen oder ein Eintrag in einem elektronischen Patientendossier als Hinweise auf den Willen von Patienten.
«Wir erachten ein zentrales Organspende-Register als höchst relevant», sagt die Spezialistin des Inselspitals. Dieses sei die Grundlage dafür, das neue Transplantations-Gesetz mit der sogenannten «Widerspruchslösung» umzusetzen.
Denn gemäss diesem müssen alle, die nach dem Tod keine Organe und Gewebe spenden möchten, dies künftig festhalten. «Eine Registrierung muss deshalb niederschwellig und zeitnah möglich sein», fordert Sabine Camenisch.
Neues Register nicht vor 2025
Doch bis ein neues Register da ist, wird es Jahre dauern: Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) schreibt dazu: «Die Widerspruchslösung und das Register werden frühestens ab 2025 eingeführt.» Der Bund plane eine digitale Identifikation, die den strengen Sicherheitsvorgaben genügt.
Vorerst setzt das BAG nun auf Kampagnen: Diese Woche startete die neuste Organspende-Kampagne mit TV-Spots und Plakaten, um die stagnierende Zahl der willigen Organspender anzugehen.
Das fehlende Register wird laut Swisstransplant dazu beitragen, dass sich an den stagnierenden Zahlen der Organspender in nächster Zeit wohl wenig ändert. Denn ist der Wille eines Patienten nicht bekannt, entscheiden die Angehörigen in den meisten Fällen auf ein «Nein» zur Organspende.