Ein Uhrenfan aus dem Kanton Graubünden ersteigert sich im Dezember bei der Auktionsplattform Ricardo eine alte Rolex für 8000 Franken. Verkäuferin ist eine ältere Dame aus Fribourg. Doch auf dem Weg von Fribourg nach Sedrun verschwindet die Uhr auf mysteriöse Weise. Dabei ist die Uhr in drei ineinander liegende Schachteln verpackt und kann wohl kaum einfach herausgerutscht sein.
Internes Dokument weist Verschwinden nach
Der Betroffene meldet sich sofort bei der Polizei und fragt auch den Pöstler, ob er etwas weiss. Doch die Uhr bleibt verschwunden. Weil der Betroffene jemanden bei der Post kennt, gelangt er an ein vertrauliches Dokument, das Kundinnen und Kunden normalerweise nie zu Gesicht bekommen. Ein internes Protokoll, in dem fein säuberlich aufgelistet ist, wann das Paket wo war – und vor allem, wann es wie viel wog.
«Zu wenig Hinweise auf einen Diebstahl»
Das vertrauliche Protokoll zeigt: Zwischen Mitternacht im Verteilzentrum Frauenfeld und drei Uhr morgens im Verteilzentrum Untervaz verschwanden 120 Gramm aus dem Paket – genau das Gewicht der Uhr. Trotzdem sagt die Post, man habe für einen möglichen Diebstahl zu wenige Hinweise und Beweise.
Das irritiert den Betroffenen: «Die Uhr war in drei ineinander verpackte Schachteln verpackt und konnte meiner Meinung nach unmöglich einfach so herausfallen. Das bedeutet für mich, das Paket muss von Menschenhand aufgemacht, die Schachteln herausgenommen, die Uhr vom Uhrenkissen entfernt, alles wieder zusammengepackt und weitergeschickt worden sein», sagt er im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».
Und es spricht einiges für diese These. Der Rest des Inhalts – das Zertifikat, das Zubehör und das Echtheitssiegel – waren noch im Paket drin und die inneren Schachteln waren verschlossen.
Schaut die Post aktiv weg?
Das Pech schlägt in diesem Fall gleich doppelt zu. Die ältere Dame aus Freiburg verschickte das Paket mit Swiss Express Mond Signature, und ist damit lediglich für 1500 Franken versichert. Dass es für einen Fünfliber mehr eine Versicherung bis zu 5000 Franken gegeben hätte, sagte man ihr am Schalter nicht, obwohl sie auf den wertvollen Inhalt hinwies. Die Post vergütet in diesem Fall deshalb lediglich 1500 Franken.
Weitere Abklärungen betreffend eines möglichen Diebstahls scheint es nicht zu geben, wundert sich der Betroffene: «Ich finde es extrem schade, dass die Post aktiv wegschaut, obwohl man möglicherweise ein Problem hat mit einer potenziellen kriminellen Person – die vielleicht tagtäglich irgendwelche Pakete öffnet und Inhalte entwendet. Auch von anderen Kunden.»
Post meldet solche Fälle ihrer Unternehmenssicherheit
Und tatsächlich sieht es auch für «Espresso» zuerst danach aus, als nehme die Post in solchen Fällen keine sehr aktive Ermittlung auf. Man habe die Uhr «gesucht» und leider nicht gefunden, sagt eine Post-Sprecherin. Für alles Weitere sei die Polizei zuständig. Auf Nachfrage heisst es dann: «Wenn wir einen Verlust erfassen gibt es eine Meldung an die Unternehmenssicherheit. Die Spezialisten haben in diesem Fall Stellungnahmen aller involvierten Stellen eingeholt, konnten aber keine Unregelmässigkeiten feststellen.»
Weitergehende Untersuchungen überlässt die Post Externen. Man rate betroffenen Kunden, bei der Polizei Anzeige zu erstatten, heisst es. Das hat der Betroffene aus Graubünden auch gemacht. Immerhin: Die Kantonspolizei bestätigt, der Fall sei noch nicht abgeschlossen und Ermittlungen im Gange. Es bleibt für ihn die Hoffnung, dass die Uhr auf diesem Weg doch noch auftaucht.