Für einen Konzertbesuch in Genf kauft eine junge Frau ein Sparbillett der SBB. Am Tag vor der Abreise fällt ein Corona-Selbsttest positiv aus, was tags darauf ein PCR-Test bestätigt. Die Frau muss gemäss Vorschriften des Bundes in Isolation. Der Konzertbesuch ist gestrichen. Sie beantragt bei der SBB, ihr das Ticket zu erstatten.
Die Antwort des SBB-Kundendienstes ist abschlägig: «Damit wir Ihnen das Sparbillett aufgrund einer Covid Erkrankung erstatten können, senden Sie uns ein Arztzeugnis, welches Ihre Reiseunfähigkeit am Reisetag bestätigt.» Und zum eingesandten Testresultat heisst es: «Ein positives Testergebnis, oder eine Isolations- Quarantäneanordnung können wir nicht berücksichtigen.»
Kundin: «Total sinnlose Vorschrift.»
Die junge Frau fasst es nicht: «Das ist für mich total sinnlos. Man darf in der Isolation ja das Haus nicht verlassen.» Und falls man beispielsweise für einen dringenden Arztbesuch trotzdem raus müsse, solle man den öffentlichen Verkehr vermeiden, schreibt das Bundesamt für Gesundheit auf seiner Homepage.
Für die SBB-Kundin sind diese Vorschriften des Bundes gleichbedeutend mit einer Reiseunfähigkeit. Weshalb also soll sie sich diese noch extra ärztlich bestätigen lassen? «Da die SBB ja dem Bund gehört, ist dies für mich schlicht inakzeptabel», meint sie, «ich verstehe nicht, wie ich da noch hätte auf Reisen gehen sollen.»
Für Tarife und Erstattungsregeln im öffentlichen Verkehr zuständig ist die Branchenorganisation Alliance Swisspass . Mediensprecher Thomas Ammann erklärt die Vorschrift, weshalb für die Erstattung ein positiver PCR-Test oder eine Isolationsanordnung nicht reichen: «Dies entspricht den Tarifbestimmungen der Alliance Swisspass. Gemäss diesen ist es nur möglich ein Sparbillett zu erstatten, wenn eine ärztlich bestätigte Reiseunfähigkeit besteht.»
ÖV-Betriebe waren bis vor kurzem kulanter
Streng nach Paragraf mag dies stimmen. Aber bis Mitte Februar erhielten ÖV-Kundinnen und Kunden mit positivem Covid-Test Sparbillette erstattet. Als der Bundesrat per 16. Februar fast alle Covid-Massnahmen aufhob, habe dies auch das Ende dieser Kulanzlösung bedeutet, erläutert Thomas Ammann. Aber: Gerade die Isolationspflicht wurde ja vom Bundesrat nicht aufgehoben. Der Alliance-Swisspass-Sprecher gibt zu: «Das war sicher nicht die kundenfreundlichste und beste Entscheidung, die wir in den letzten Monaten getroffen haben.» Es wäre zielführender gewesen, die Erstattung der Sparbillette laufen zu lassen, bis auch die Isolationspflicht aufgehoben wird. Das wäre diesen Freitag der Fall gewesen.
Interessant ist, was Thomas Ammann weiter anmerkt: «Es gibt immer die Möglichkeit, im konkreten Fall kulant zu sein. Das Schalterpersonal hat die Kompetenz diese Fahrausweise im Einzelfall trotzdem zu erstatten.» Im Klartext: Der SBB-Kundendienst hätte der jungen Frau ihr Sparbillett problemlos und unbürokratisch zurückzahlen können. Eine Frage des Fingerspitzengefühls.