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Parteieintritt als Ventil Trump ist gewählt: SP und Grüne wachsen

Nach der Präsidentenwahl in den USA nutzen Parteien in der Schweiz das Momentum, um neue Mitglieder zu gewinnen. Mit Erfolg.

Die SP Schweiz schreibt es so: «Wenn die Egoisten nach der Macht greifen, müssen wir dagegenhalten.» Die Sozialdemokraten rufen dazu auf, der Partei beizutreten.

Und das tun Menschen zahlreich: Seit dem 6. November habe sie über 1000 neue Parteimitglieder verzeichnet, teilt die SP mit. «Derart viele in so kurzer Zeit gab es noch nie, seit wir die Zahlen aufzeichnen, also seit Anfang der 2000er Jahre.»

Ein Stand der SP in der Stadt Bern vor den Wahlen 2020.
Legende: SP-Mitglieder an einem Parteistand in Bern im Jahr 2020. KEYSTONE/ ANTHONY ANEX

Ähnliches sei schon bei der ersten Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA passiert. Damals, 2016, waren es jedoch weniger als halb so viele wie jetzt.

Auch die Grünen rufen zum Eintritt in die Partei auf. Es seien in den vergangenen zwei Tagen knapp 100 neue Personen beigetreten, teilt die Grüne Partei mit. Aus dem Schock-Moment dieser Wahl hätten die Menschen eine Handlungsoption benötigt. Es sei ein Ventil für die eigene Ohnmacht, sagt Politologin Cloé Jans vom Forschungsinstitut gfs Bern.

Zuwachs ist aussergewöhnlich

Der Mitgliederzuwachs vor allem der SP sei aussergewöhnlich, sagt Marc Bühlmann. Die Parteien hätten das Momentum der Trump-Wahl gut genutzt, so der Professor für Politikwissenschaften an der Uni Bern. SP und Grüne haben sich marketingmässig geschickt verhalten.

Mattea Meyer: «Wir mussten bei der SP reagieren»

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Schon bei der ersten Wahl von Donald Trump 2016 hat die SP Schweiz zahlreiche Neueintritte gehabt. Und dieses Mal erreichten Mattea Meyer schon zahlreiche Zuschriften während der Wahlnacht. Die SP habe nun rund 1000 Menschen mehr in der Partei. Die können sich einsetzen, gegen Populismus und für Frauenrechte. Und ja – für die Demokratie zumindest sei es gut, dass in solchen Momenten sich viele Menschen politisieren.

Mehr als 1000 neue Mitglieder in so kurzer Zeit seien sehr viel, sagt Politologin Cloé Jans. Zum Vergleich: In den Pandemiejahren 2020 bis 2022 habe die SP nur rund 1400 neue Mitglieder verzeichnet. Dass die Grünen mit 100 Neueintritten deutlich weniger Zuwachs haben, lasse sich so erklären: Bei der Trump-Wahl ging es in erster Linie um Werte und nicht ums Klima.

Die Opferrolle hat mehr Erfolg

Wie sieht es bei anderen Parteien aus? «Es ist einfacher, die Opferkarte zu spielen, um Mitglieder zu gewinnen, als wenn man auf der Siegerseite steht», sagt Politologe Marc Bühlmann. Deshalb ist es nachvollziehbar, dass die SVP und die FDP keinen Aufruf für Parteieintritte lancierten. Aber auch die FDP zählt Neueintritte in den letzten Tagen. Das teilt die Partei mit. Jedoch nicht ausdrücklich wegen der Wahl von Donald Trump.

In Schockmomenten werden Menschen politisiert und das ist gut für die Demokratie.
Autor: Marc Bühlmann Politikwissenschaftler Universität Bern

Die politischen Parteien würden immer wieder bei Ereignissen, die bewegen, auf Bürgerinnen und Bürger zugreifen. Die SP profitiere jetzt von der Wahl Trumps, die SVP profitierte von der Abwahl von Christoph Blocher aus dem Bundesrat. In Schockmomenten werden die Menschen politisiert, egal ob diese positiv oder negativ bewertet werden. Insofern wirke sich jedes bewegende Ereignis positiv auf die Demokratie in der Schweiz aus.

Stille Beitragszahlende?

Bleiben diese neuen Mitglieder passiv oder bringen sie sich aktiv in die Partei ein? Das komme darauf an, wie SP und Grüne ihre Neumitglieder abholen und in die Partei einbinden werden, sagt Politologe Marc Bühlmann.

Aber auch wenn diese Menschen kaum aktiv sind, sind sie neu in den Karteien drin, können angeschrieben und vielleicht für kleine Engagements wie Telefonkampagnen mobilisiert werden.

Tagessschau, 8.11.2024, 19:30 Uhr

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