Im Mai 2019 konnte das Startup Good Soaps verkünden, den Umweltpreis der Albert-Koechlin-Stiftung gewonnen zu haben. Später kamen weitere Auszeichnungen und Unterstützungsbeiträge hinzu, die Luzerner Seifen-Firma wurde wegen ihres Beitrags zur Nachhaltigkeit regelrecht gefeiert. Es galt als kleine Sensation, was deren Inhaberin erfunden haben soll.
Nachhaltige Putzmittel
Regine Schneider von Good Soaps will ein Verfahren entwickelt haben, wie Seifen, Waschmittel und andere Reiniger ganz ohne Palmöl oder Erdöl hergestellt werden können. Die Produkte ihrer Firma basieren alleine auf nachhaltigen europäischen Produkten wie Raps- oder Sonnenblumenöl. Das galt in der Branche lange als unmöglich. Man ging davon aus, dass solche Waschmittel nicht genügend gut reinigen würden.
Das Verfahren wurde denn auch als Patent angemeldet. Und um dieses Patent hat sich nun ein Streit entbrannt. Die Erfinderin soll die Idee zu ihrer Innovation nämlich gestohlen haben – und zwar dem deutschen Konzern Werner & Mertz, dem unter anderem die Putzmittel-Marke Frosch gehört. Der Fall wird heute Mittwoch vor dem Bundespatentgericht in St. Gallen behandelt.
Alles nur geklaut?
Beim deutschen Konzern ist man überzeugt, dass Regine Schneider die Idee für das Patent von Werner & Mertz übernommen hat, als sie vor gut zehn Jahren für eine seiner Partnerfirmen arbeitete. «Es geht nicht an, dass wir als ursprünglicher Ideengeber unsere Innovation zurückkaufen müssten, wenn wir selber auch solche Wasch- und Reinigungsmittel herstellen wollen», sagt Edgar Endlein, der Forschungsleiter von Werner & Mertz.
Weiter stellt er in sehr vorsichtigen Worten die Motive hinter der Patentanmeldung infrage: «Man kann den Verdacht haben, dass hier das Patentrecht auf unsachgemässe Weise missbraucht wird.» Sprich: Das Patent soll nur angemeldet worden sein, um Geld damit zu machen – an der Entwicklung und dem Vertrieb von eigenen Produkten soll es gar kein Interesse geben. In der Fachsprache hat man eine Bezeichnung für solche Firmen: Patenttrolle.
Ungereimtheiten in Patentanmeldung
Bei der Patentanmeldung zu Regine Schneiders Innovation gibt es tatsächlich einige Ungereimtheiten. Einerseits wurde das Patent nicht von Schneider oder ihrer Firma Good Soaps selbst eingereicht, sondern von einer Consulting-Firma, die auf den ersten Blick nichts mit Putzmitteln zu tun hat. Andererseits will Schneider im Patent nicht als Erfinderin genannt werden.
Das sei ungewöhnlich, bestätigt der Patentrechts-Experte Cyrill Rigamonti von der Universität Bern. «Meistens sind Erfinder stolz darauf, einen Beitrag zur technologischen Entwicklung geleistet zu haben. Besonders, wenn dies im Bereich der Nachhaltigkeit ist.»
Kein Kommentar von Good Soaps
An der Patenttroll-Theorie von Werner & Mertz zweifelt Rigamonti jedoch. Bei Trollen handle es sich in der Regel um Unternehmen, die selbst nichts herstellen, sondern ihr Geld lediglich mit dem Einklagen ihre Patente machen würden. «Mit diesem Patent werden über die Firma Good Soaps aber Produkte hergestellt und vertrieben.»
Weitere Streiterein zwischen kleinen und grossen Firmen
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Bild 1 von 7. Die Schweizer Schuhmarke stritt sich vor Gericht jahrelang mit der amerikanischen Konkurrentin K-Swiss. Es ging um die fünf Streifen, welche auf den Schuhen beider Marken zu sehen waren. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 7. K-Swiss gewann den Fall nach einem siebenjährigen Rechtsstreit in fünf Ländern. Künzli verwendet nun Quadrate statt Streifen auf seinen Schuhen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 7. Die Bieler Uhrenmarke Glycine hatte sich wegen ihres neuen Logos vor Gericht zu verantworten. Die italienische Modemarke Giorgio Armani meinte, das Logo sehe ihrem eigenen zu ähnlich. Glycine gewann den Fall zwar vor Bundesgericht, einigte sich aber trotzdem auf einen Vergleich mit Armani. Zu dessen Inhalt wurden keine Angaben gemacht. Bildquelle: Bildmontage / SRF.
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Bild 4 von 7. Wegen des Markennamens «Merci» zog der deutsche Lebensmittelgigant das Schweizer Unternehmen Häberli Fruchtpflanzen AG vor Gericht. Dieses gab einer seiner Erdbeersorten denselben Namen wie jenen der Schokolade. Häberli gewann den Fall und darf seine Erdbeeren weiterhin «Merci» nennen, weil laut Bundesgericht keine Verwechslungsgefahr besteht. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 7. Ein in der Schweiz wohnhafter Deutscher legte sich vor Gericht mit dem grössten US-Filmverleiher Warner Brothers an. Es ging um eine seiner Erfindungen, die ihm Warner Brothers gestohlen haben soll – ein Programm, das raubkopierte Filme erkennt. Es kam zu einem Vergleich zwischen den beiden Parteien. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 7. In Deutschland wurde ein kleiner Modeladen vom britischen Bekleidungskonzern wegen eines Kleides mit Karomuster verklagt. Das Muster sehe ihrem eigenen sehr ähnlich, so das Argument von Burberry. Der deutsche Modeladen gewann den Prozess zu grossen Teilen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 7. Der deutsche Online-Händler Zalando drohte der Aargauer Internet-Plattform Mylandoo, gerichtlich gegen sie vorzugehen, wenn diese ihren Namen nicht ändere. Der Name klinge zu ähnlich wie Zalando. Mylandoo lenkte ein und trat fortan unter dem Namen Odaboo auf. Mittlerweile gibt es die Plattform nicht mehr. Bildquelle: Keystone / Bildmontage.
Die Firma Good Soaps will die Vorwürfe und Ungereimtheiten nicht kommentieren. So kurz vor der Verhandlung sei dies zu heikel, heisst es auf Anfrage.
Klarheit darüber, wer die Erfindung für die nachhaltigen Putzmittel tatsächlich gemacht hat, gibt es frühestens in ein paar Tagen. Das Urteil erfolgt schriftlich und nicht am Prozesstag selbst, zudem könnte es auch noch ans Bundesgericht weitergezogen werden.