Noch kann die Berner Kantonspolizei ihre Ausbildungsklassen in Ittigen füllen. Doch genügend neue Polizistinnen und Polizisten zu finden, wird immer schwieriger. Auch in zahlreichen anderen Kantonen landen immer weniger gute Bewerbungen auf dem Tisch.
Die Gründe: Schichtarbeit, Sondereinsätze und steigende Belastung im Polizeialltag. Dies wirke zunehmend unattraktiv, so die Erfahrungen vieler Polizeikorps. Auch sei der Arbeitsmarkt stärker umkämpft, heisst es in Bern. Dazu komme die demografische Entwicklung: «Es kommen gar nicht mehr so viele Leute auf den Markt, wie in Pension gehen», sagt der Berner Polizeikommandant Christian Brenzikofer.
Polizisten ohne Schweizer Pass
Um mehr Nachwuchs rekrutieren zu können, haben in den vergangenen Jahren viele Polizeikorps ihre Anforderungen abgeändert, zum Beispiel die Mindestgrösse gesenkt und die Altersguillotine angepasst oder abgeschafft. Das sei eine positive Entwicklung, finden die neuen Polizeischülerinnen und -Schüler in Ittigen.
«Ich wollte bereits nach der Lehre zur Polizei, aber damals mussten Frauen 1,65 Meter gross sein», sagt Tina Güdel. Mit ihren 1,57 Meter war sie jedoch zu klein. Heute ist das kein Ausschlusskriterium mehr.
Auch die Militärdienstpflicht ist mittlerweile vielerorts gestrichen worden. Auf den Schweizer Pass hingegen will man nach wie vor nur in den wenigsten Kantonen verzichten. Einzig die Kantone Basel-Stadt, Schwyz, Neuenburg und Jura geben sich mit der Niederlassungsbewilligung C zufrieden.
Neun von zehn Bewerber fallen durch
Qualitative Voraussetzungen zu senken, finden an der Polizeiakademie hingegen viele unnötig. Das Aufnahmeverfahren sei streng, so Polizeiaspirant Jan Geissbühler: «Es ist gut, wird selektioniert. Wir brauchen gute Leute.» Schweizweit überstehen offenbar nur rund zehn Prozent der Bewerberinnen und Bewerber die Selektion der Polizei.
Johanna Bundi Ryser, Präsidentin des Verbandes der Schweizerischen Polizei-Beamten (VSPB), sieht hier das Problem auch bei den Polizeikorps selber: «Der Nachwuchsmangel ist zum Teil hausgemacht, doch einigen fehlt die nötige Selbstkritik.» Die Aufnahmebedingungen seien veraltet und müssten überdacht werden. Der Berner Polizeikommandant sieht das anders: Die Qualität der Bewerber müsse stimmen. «Die Polizeiausbildung ist kein Selbstläufer», sagt Brenzikofer.
Landauf, landab fehlen Polizisten
Auch immer mehr langjährige Polizistinnen und Polizisten hängen ihren Beruf an den Nagel. Polizeikorps erleben derzeit eine regelrechte Kündigungswelle.
So etwa die Kantonspolizei St. Gallen: Innerhalb von sieben Monaten kündigten dieses Jahr so viele Polizisten wie sonst in einem Jahr, schreibt das «St. Galler Tagblatt». Grund ist offenbar auch der Lohn. Christoph Hofer hat seinen Job unter anderem aus diesem Grund gekündigt. «Die Polizei leistet immer mehr für den Bürger», sagt er. Doch das werde zu wenig wertgeschätzt.