Wer im Restaurant «Einstein» in Aarau auf die Toilette geht, kommt nicht umhin, den dringenden Aufruf des Wirtes zu lesen. Sowohl in der Kabine als auch über den Pissoirs steht: «Wir suchen dringend Verstärkung.» Für die erfolgreiche Vermittlung von Küchen- und Servicepersonal stellt Wirt Franz Maier eine Prämie von 500 Franken in Aussicht.
Beim Servicepersonal im «Einstein» ist nur die Hälfte der Stellen besetzt, der Wirt hilft selbst aus. «Leider Gottes ist der Markt komplett ausgetrocknet», sagt er. «Wir öffnen erst um elf Uhr, machen eine lange Mittagspause, reduzieren unsere Speisekarte, räumen Tische und Stühle weg, damit weniger Gäste Platz finden.» An zwei Tagen ist das Lokal neuerdings geschlossen.
Am Lohn könne es nicht liegen, sagt Maier. Einem Tellerwäscher zahle er 4000 Franken, Kellnerinnen bekommen ein Brutto-Monatsgehalt zwischen 4700 und 5500 Franken. Maier weiss aber von anderen Wirten, die das Trinkgeld angeblich für sich einsackten und Überstunden nicht auszahlten. «Die dürfen sich nicht wundern, wenn sie keinen mehr finden», sagt er.
Das Schweizer Gastgewerbe leidet unter einem akuten Personalmangel. 4.3 Prozent aller Stellen sind unbesetzt. Die Zahl der offenen Stellen hat sich im ersten Quartal 2022 verdoppelt – viele Mitarbeitende haben der Branche den Rücken gekehrt. Wirtinnen und Wirte suchen verzweifelt nach Personal.
600 Franken für die Vermittlung
Mit seinem Finderlohn steht das «Einstein» nicht allein da. Das «Hermitage», ein Nobel-Hotel und Restaurant in Luzern, zahlt seinem Personal bei erfolgreicher Vermittlung eines neuen Angestellten 600 Franken – das Hotel hat 16 offene Stellen. «Wir haben diese Prämie bisher noch nie ausbezahlt», sagt Personalchefin Deborah Hegedüs. «Jene, die vermittelt worden sind, befinden sich noch in der Probezeit.»
Beim Lohn gibt es aber keine Zugeständnisse: Neues Personal mit höheren Löhnen gewinnen, ist für Personalchefin Deborah Hegedüs keine Option. «Wir haben bestehende Mitarbeiter, die darauf zählen, dass unsere Löhne gerecht sind.»
Arbeitgeber will Anfahrt bezahlen
Auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen setzt man hingegen auf der Rigi. Bergrestaurants haben besondere Probleme, Personal zu finden. Denn die Anfahrtszeiten mit einer Bergbahn sind oft zeitraubend. Wer eine Zahnradbahn benutzen muss, ist schnell eine Stunde unterwegs. Felix Füssenich, CEO der Rigibahn, will den Angestellten der Bergrestaurants die Hin- oder Heimfahrt nun als Arbeitszeit anrechnen. Dazu komme ein Gratis-GA für die Bahn.
So hoffen die Restaurants auf der Rigi, dass sie nicht weiter an mehreren Tagen in der Woche ihre Tore schliessen müssen. Damit haben sie viele Wanderer und Touristen verärgert.