Kathrin Kunz-Sieber nimmt seit über 20 Jahren Pflegekinder bei sich auf. Gemeinsam mit ihrem Mann kümmert sie sich derzeit um zwei leibliche und fünf Pflegekinder. Doch die Familie kämpft seit Jahren mit einem Problem: Ihr ausländisches Pflegekind hat keinen gültigen Pass. Dies schränke die Familie stark ein, meint Kathrin Kunz-Sieber. «Das heisst für uns als Familie, dass wir eigentlich nicht aus der Schweiz raus können.»
Verwandtenbesuche in Deutschland, Wochenendausflüge ins Elsass oder gemeinsame Familienferien am Meer seien für die Familie aus dem Baselbiet nicht möglich. «Es ist auch schon vorgekommen, dass mein Mann mit dem Pflegekind in der Schweiz geblieben ist und ich mit dem Rest der Familie in die Ferien verreist bin», erzählt Kunz-Sieber.
«Vor etwa zwei drei Jahren haben wir ein Jahr im Voraus eine Reise nach Griechenland gebucht. Und glaubten, im Laufe dieses Jahres klappe das dann sicher mit den Reisepapieren. Schliesslich ist mein Mann mit dem Kind in der Schweiz geblieben und ich bin mit dem Rest der Familie in die Ferien.»
Besonders schlimm in den Schulferien
Auch Nicole Mathys kennt die Situation. Sie hatte als Kind selber einen ausländischen Pflegebruder ohne Pass und ist heute in derselben Pflegeeltern-Gruppe wie Kathrin Kunz-Sieber. Nach den Schulferien sei es jeweils besonders schlimm gewesen, erzählt sie. «Wir als Kinder konnten einfach nie verstehen, wieso unsere Gspänli ans Meer in die Ferien konnten und in den Europapark. Für uns lag das einfach nicht drin.»
Heimatländer stellen Pässe nicht aus
Doch weshalb haben diese Kinder keinen Pass? Gemäss dem Sprecher des Staatssekretariats für Migration können die Gründe für die Passlosigkeit sehr unterschiedlich sein. Nicht selten liege das Problem aber bei den heimatlichen Behörden. «Was zum Beispiel passieren kann, ist, dass die leiblichen Eltern den Antrag auf einen Pass stellen müssen. Das ist aber gerade bei Pflegekindern nicht immer möglich», meint der Sprecher des SEM, Lukas Rieder.
Konkret stellen Länder wie Thailand, Italien oder Kenia nur dann einen Pass aus, wenn die leiblichen Eltern den Antrag stellen oder gar persönlich auf der Botschaft vorbeigehen. Dies ist aber gerade bei Pflegekindern meistens nicht möglich, da sich die leiblichen Eltern im Ausland befinden, eine Haftstrafe absitzen oder kein Kontakt mehr zu den Kindern besteht.
Ersatzreisedokument löst nicht alle Probleme
Wer mit seinem ausländischen Pflegekind dennoch verreisen möchte, der kann bei der kantonalen Migrationsbehörde ein Reisedokument beantragen. Dies sei allerdings gar nicht so einfach, meinen die Pflegemütter. Denn dazu müsse man erst erklären, weshalb das Kind keinen Pass habe. Auch bei der Organisation für Pflege- und Adoptivkinder Schweiz hält man das Reisedokument nur für eine Übergangslösung. Früher oder später brauche das Kind einen Pass, meint die Geschäftsleiterin Karin Meierhofer.
Hoffnung nicht aufgegeben
Sie habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, meint Kathrin Kunz-Sieber. Auch wenn sie seit über fünf Jahren auf einen Pass für ihr Pflegekind wartet, so glaubt sie nach wie vor an eine Lösung. «Ich wünsche mir einfach für alle Pflegefamilien und für alle Pflegekinder, dass sie sich in und ausserhalb der Schweiz frei bewegen können». Als erstes würde sie mit ihrem Pflegekind natürlich ins Legoland.