Hohe Arbeitsbelastung, kleine Teams, keine Zeit für die Betagten oder die Patientinnen – nicht einmal für ein kurzes Gespräch. Pflegefachfrau Hélène Fiedeljeij-Martini stellt fest: «Was mir Sorgen macht, ist, dass dieser Beruf oft krank macht und chronisch krank macht.»
Teufelskreis durchbrechen
Als Co-Autorin hat sie die Vision für die Langzeitpflege heute vorgestellt, das sogenannte «Care-Manifest». Bis in zehn Jahren soll die Langzeitpflege die Patientinnen und Patienten ebenso ins Zentrum rücken und einbeziehen wie die Pflegenden und die Angehörigen. Ihr Hauptziel sei es, dass die Gepflegten zufrieden sind, sagt Fiedeljeij-Martini. Das sei wichtiger als etwa der Blick auf die Effizienz.
Nicht der Kostenblick, sondern die Bedürfnisse müssten die Pflege der Zukunft prägen – die Würde der Gepflegten, bessere Arbeitsbedingungen für die Pflegenden. So könne es gelingen, den Teufelskreis in der Pflege- und Betreuungskrise zu durchbrechen, ist auch der Projektleiter des Manifests Nicolas Pons-Vignon überzeugt: «Um das zu schaffen, ist es sehr wichtig, dass medizinische Pflege und Betreuung zusammengehen.» Das sei die Voraussetzung für Qualität ist der Professor von der Fachhochschule Südschweiz überzeugt.
Stärkere öffentliche Finanzierung gefordert
Das Manifest versteht Langzeitpflege als gesellschaftliches Thema, das alle betrifft. Für die Gewerkschaft Unia ist sie als Service Public zu verstehen: «Es ist klar, dass die Politik auf der Bremse steht, wenn es darum geht, Pflegekosten auf die Krankenkassen abzuwälzen, weil anschliessend die Prämien steigen würden», sagt Samuel Burri, Co-Branchenverantwortlicher Pflege bei der Gewerkschaft.
Es brauche also alternative Finanzierungsmodelle und eine deutlich stärkere öffentliche Finanzierung der Langzeitpflege, fordert Burri.
Das «Care-Manifest» entwirft ein ganzheitliches Bild von der Langzeitpflege, das den Menschen ins Zentrum stellt. Mit der aktuellen Realität hat diese Vision wenig zu tun, auch mit Blick auf die Umsetzung der Pflege-Initiative und die einheitliche Finanzierung der Gesundheitsleistungen. Doch die Geduld der Pflegenden geht zu Ende. Eine breite Debatte soll nun den politischen Druck erhöhen.