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Pilotversuch im Baselbiet Deutsche Firma startet grössten Cannabis-Versuch in Schweiz

  • Für einen Cannabis-Pilotversuch wurde erstmals eine Firma mit kommerziellen Interessen zugelassen, die Berliner Sanity Group.
  • Hinter dem Unternehmen stehen Investoren wie der US-Rapper Snoop Dogg oder der Tabakkonzern British American Tobacco.
  • Darum übt Frank Zobel, Vizedirektor der Stiftung Sucht Schweiz, scharfe Kritik am Pilotversuch.
  • Das Bundesamt für Gesundheit BAG, das die Bewilligung erteilt hat, weist die Kritik zurück: Der Pilotversuch erfülle alle Bedingungen.

Basel-Stadt machte im Januar 2023 den Anfang mit dem legalen Verkauf von Cannabis in Apotheken. Mittlerweile sind vier weitere Pilotprojekte gestartet oder haben vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Bewilligung erhalten: in Zürich, in Lausanne, in Genf sowie eines der Städte Bern, Biel und Luzern. Allen Versuchen gemein: Sie werden von der öffentlichen Hand, von Universitäten oder Vereinen durchgeführt, also von nicht-gewinnorientierten Organisationen.

Nun hat das BAG erstmals einer Firma die Bewilligung für einen Pilotversuch erteilt: einem Unternehmen aus dem Ausland. So darf die deutsche Sanity Group in Allschwil und Liestal im Baselbiet zwei Cannabis-Läden betreiben. Das bestätigt das BAG gegenüber SRF. An der Studie dürfen rund 4000 Personen teilnehmen.

Berliner Start-up für Cannabis-Produkte mischt Schweiz auf

Die Sanity Group hat ihren Hauptsitz in Berlin. Das Start-up wurde 2018 gegründet, beschäftigt bereits 120 Leute und bezeichnet sich als «führendes Cannabis-Unternehmen in Europa». Es verkauft bislang nur legale medizinische Cannabis-Produkte. Die Firma will in der Schweiz Fuss fassen im Hinblick auf eine allfällige Cannabis-Legalisierung. Das räumt Finn Hänsel, Mitgründer der Sanity Group, im Interview mit SRF ein.

Wir möchten alternative Formen von Cannabis anbieten, etwa essbare oder solche mit Verdampfung.
Autor: Finn Hänsel Mitgründer Sanity Group

Der Pilotversuch im Baselbiet sei aber ein reines Forschungsprojekt, so Hänsel: «Wir machen das Projekt zusammen mit dem Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung der Uni Zürich.» Ziel sei die Schadensminderung. «Wir möchten die Teilnehmenden weg vom Rauchen bekommen und alternative Dosierungsformen anbieten, etwa essbare oder solche mit Verdampfung.»

Cannabis-Shops in Allschwil und Liestal

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Logo «Grashaus Projects»
Legende: Im Laden «Grashaus Projects» können künftig rund 4000 Leute Cannabis kaufen. SRF

Am Pilotversuch im Baselbiet der deutschen Sanity Group dürfen 3950 Personen teilnehmen. Mitmachen kann, wer bereits Cannabis konsumiert, 18 Jahre alt ist und einen Eignungstest besteht. Wer zugelassen wird, erhält einen Teilnehmerausweis und kann so in den Shops in Allschwil und Liestal legal Cannabis-Produkte kaufen.

Der Shop in Allschwil ist bereits fertig eingerichtet, für jenen in Liestal würden noch Verhandlungen laufen, so die Sanity Group. Verkaufsstart sei in den nächsten Wochen. Nun müsse noch alles fertig eingerichtet werden. Wie bei allen Pilotversuchen müssen die Cannabis-Produkte in der Schweiz und in Bioqualität hergestellt werden. Das Projekt im Baselbiet läuft unter dem Namen «Grashaus Projects». Der wissenschaftliche Lead liegt beim Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung der Universität Zürich.

Frank Zobel, Vizedirektor der Stiftung Sucht Schweiz, kritisiert, dass nun auch eine kommerzielle Firma ein Pilotprojekt machen darf. Statt nur unterschiedliche Regulierungsmodelle zu testen, bestehe nun bereits das Risiko, «dass Marktanbieter versuchen, sich zu platzieren, um den zukünftigen Cannabismarkt zu erobern», so Zobel. Er mache sich aber nichts vor: «Wir leben in einer globalisierten Welt, darum ist es ist keine Riesenüberraschung, dass ausländische Firmen dies versuchen.»

Frank Zobel führt selbst den Versuch in Lausanne durch, zusammen mit der Stadt. Der Suchtexperte erhielt aber diverse Angebote: «Als wir das Pilotprojekt mit Lausanne entwickelten, bekam ich regelmässig Anrufe aus dem Ausland von Firmen, die sagten, wir zahlen alles, damit wir in der Schweiz ein Pilotprojekt machen können, um auf dem Markt zu sein.»

Stellungnahme BAG

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Angesprochen auf die Kritik von Sucht Schweiz, dass nun erstmals eine kommerzielle Firma einen Pilotversuch durchführen darf, schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG): «Eine spezifische rechtliche Organisationsform wird gemäss Verordnung über Pilotversuche nach dem Betäubungsmittelgesetz nicht vorausgesetzt. In der Botschaft zur Gesetzesänderung wird jedoch festgehalten: ‹Im Fokus stehen primär wissenschaftliche Institutionen, öffentlich-rechtliche Körperschaften, gemeinnützige Institutionen oder Vereine.› Damit werden aber andere private Organisationen nicht ausgeschlossen. Weiter wird festgehalten, dass die wissenschaftliche Forschung unabhängig sein muss und diesbezüglich keine Interessenskonflikte bestehen dürfen. An jedem Pilotversuch ist ein anerkanntes Forschungsinstitut zu beteiligen.»

Fünf Versuche abgelehnt, acht hängig

Die Sanity Group erfülle all diese Bedingungen, so das BAG, weshalb das Unternehmen die sechste Bewilligung für einen Pilotversuch erhalten habe. Aktuell seien noch acht weitere Gesuche in Bearbeitung. Fünf Gesuche seien bisher nicht bewilligt worden, schreibt das BAG auf Anfrage von SRF.

Finn Hänsel erwidert, mit dem auf fünf Jahre ausgelegten Forschungsprojekt im Baselbiet sollten nicht neue Cannabis-Konsumenten gewonnen werden. «Und bleibt am Ende des Versuchs Geld übrig, werden wir das an Suchtinstitute spenden.» Hänsel sagt aber auch: «Die Sanity Group wäre kein Unternehmen, wenn nicht das Ziel wäre, irgendwann mal auch Profit zu erzielen. Alles andere wäre nicht ehrlich.» Darum wolle man auch in Europa expandieren.

US-Rapper Snoop Dogg und Tabakkonzern involviert

Geld dafür ist vorhanden. Bislang hat die Sanity Group rund 100 Millionen Euro von Investoren erhalten. Darunter sind etwa die US-Rapper Snoop Dogg und Will.i.am, der Fussballer Mario Götze und andere Prominente, aber auch der Bierkonzern Bitburger oder der Tabakmulti British American Tobacco BAT. «BAT ist bei uns eingestiegen, weil er sich überlegt: Wo ist die Zukunft nach den Zigaretten? Und da ist Cannabis sicherlich ein spannender Bereich für diese Konzerne», sagt Finn Hänsel.

Regionaljournal Basel, 24.10.2023, 12:03 Uhr;kobt

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