Ein verwester Apfel, eine Grimassen schneidende Frau oder kryptische Schriftzüge. In der Kornschütte in Luzern sind zurzeit die 100 besten Plakate des deutschsprachigen Raums ausgestellt. Es sind Kulturplakate: Sie werben für Theater, Konzerte oder Festivals.
«Ein Plakat muss auf irgendeine Art auffallen. Die Betrachtenden sollen überrascht werden, damit sie hinschauen.» Dies sagt Erich Brechbühl. Der Luzerner Grafiker hat vor 15 Jahren das Weltformat Graphic Design Festival mitgegründet. Das Plakat sei die beste Möglichkeit, Grafik darzustellen und den Leuten zugänglich zu machen.
Es ist die einfachste Möglichkeit auf öffentlichem Grund ein Thema zu bewerben.
Doch in der heute digitalen Welt mit Social Media und Co. erscheint das analoge Plakat etwas altbacken. Dass das Plakat irgendeinmal ausgedient hat, glaubt Erich Brechbühl aber nicht. «Es ist die einfachste Möglichkeit, auf öffentlichem Grund ein Thema zu bewerben.»
Dem Plakat begegnet man draussen auf der Strasse, am Bahnhof, an der Tramstation, oder an der Bushaltestelle. «Da kommt man nicht drumherum. Im Internet kann man Werbung einfach wegklicken», so Brechbühl.
Tatsächlich ist die Aussenwerbung nach wie vor beliebt. Das beinhaltet einerseits die auf Papier gedruckten Plakate, andererseits auch die digitalen Werbeträger.
Auch wenn die sogenannten E-Boards, welche ihre Inhalte alle paar Sekunden wechseln, zunehmen – das gute alte Plakat ist immer noch gefragt. Dies zeigt eine Studie, welche der Verband Aussenwerbung Schweiz (AWS) im Jahr 2022 in Auftrag gegeben hat.
Aussenwerbung für Kulturveranstaltungen ist das eine, sie wird aber noch viel häufiger für kommerzielle oder politische Zwecke genutzt. Aktuell zum Beispiel im Kanton Aargau. Dort finden am 20. Oktober Gesamterneuerungswahlen statt – für die Regierung und das Parlament. So zieren im Aargau zurzeit viele Köpfe verschiedenster Parteien die Strassenränder. Ein Phänomen, das sich bei allen Wahlen zeigt.
Laut den Auswertungen der eidgenössischen Wahlen nehmen die Budgets für Aussenwerbung nämlich weiterhin zu. Das heisst: In der Politik setzt man nach wie vor auf Plakate oder E-Boards. Ein Grund: «Insgesamt steht den Kandidierenden, Parteien und Komitees meistens wenig Geld zu Verfügung», sagt Polit-Analyst und Buchautor Mark Balsiger. Und: «Für effektive digitale Polit-Werbung braucht es Knowhow und Geld. Die Konkurrenz im Netz ist allerdings riesig. Die Kampagnen, die für kommerzielle Produkte werben, haben meistens ein x-fach höheres Budget.»
Plakate werden bleiben
Ist politische Werbung im öffentlichen Raum von Erfolg geprägt? Mark Balsiger ist da skeptisch: Die allermeisten Wahl- und Abstimmungskampagnen hätten eine bescheidene Durchschlagskraft. Sie würden von breiten Bevölkerungsschichten oftmals gar nicht wahrgenommen. «Häufig wird ausgeblendet, dass politische Kampagnen vor allem auch nach innen wirken müssen. Das heisst: Sie müssen die Parteimitglieder wachrütteln und motivieren.»
Ob Politik oder Kultur: Werbung über Plakate oder E-Boards wird es auch in Zukunft geben. Die Schweiz ist ein Plakatland, sagt Politik-Analyst Mark Balsiger. Und Grafiker Erich Brechbühl ist sogar überzeugt, dass die digitalen Werbeflächen das gedruckte Plakat nicht verdrängen werden: «Technische Geräte muss man betreuen, sicherstellen, dass sie funktionieren. Das Plakat kann man drucken, aufkleistern und fertig.»