197 neue Fälle von Menschenhandel haben spezialisierte Organisationen schweizweit im vergangenen Jahr identifiziert. Das geht aus Zahlen der Plateforme Traite hervor, der Schweizerischen Plattform gegen Menschenhandel. Die Zahlen zeigen auch: Die Fälle von Menschenhandel in der Schweiz nehmen zu.
Elf Prozent mehr neue Fälle wurden im letzten Jahr registriert. «Das zeigt, dass Menschenhandel in der Schweiz eine Realität ist und dass Ausbeutung in verschiedenen Branchen stattfindet», sagt Georgiana Ursprung von Plateforme Traite. Und längst sind es nicht mehr nur Sexarbeiterinnen, die von Menschenhandel betroffen sind.
Wer leuchtet, sieht Opfer
Wer mit Opfern von Menschenhandel arbeitet, spricht oft von einem dunklen Raum und von einer Taschenlampe. Leuchte man in eine Ecke, finde man auch Opfer. Immer wieder beleuchtet wurde in der Vergangenheit die Prostitution.
Seit einigen Jahren allerdings beobachten Opferberatungsstellen und auch die Behörden eine Verschiebung. Bau, Gastronomie, Kosmetikbranche: Das sind weitere dunkle Ecken, in die nun vermehrt geleuchtet wird, wo kontrolliert wird. Und wo dann auch Opfer von Menschenhandel gefunden werden.
Immer häufiger würden Opfer von Menschenhandel zwecks Ausbeutung der Arbeitskraft in andere Länder gebracht. Der Anteil stieg in den letzten drei Jahren von einem Drittel auf fast die Hälfte.
Und: Fast ein Viertel der Opfer hierzulande sei inzwischen männlich. «Das hat vor allem damit zu tun, dass nun auch andere Bereiche auf dem Radar der Behörden sind», so Ursprung.
Fachstellen fordern mehr Mittel
Dass man nicht mehr nur bei der Sexarbeit hinschaut, sei richtig, sagt auch Nina Lanzi von der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration FIZ. Das Problem aber sei, dass insgesamt nicht mehr Mittel für Kontrollen zur Verfügung stehen. «Das führt dazu, dass der Scheinwerfer nicht mehr überall gleich stark leuchten kann», so Lanzi. Das mache ihr Sorgen.
Denn Prostituierte seien nach wie vor häufig Opfer von Menschenhandel. Wird anderswo hingeschaut, wird es rund um die Sexarbeit wieder dunkler. Es brauche deshalb mehr Mittel für mehr Kontrollen in verschiedenen Branchen. Damit der dunkle Raum als Ganzes heller werde.