Von einer schon fast prekären Situation in den Asylzentren sprach die zuständige Bundesrätin Karin Keller-Sutter Ende Oktober im Parlament. Auch Mario Gattiker, der Direktor des Staatsekretariats für Migration (SEM), sagt heute an einer virtuellen Medienkonferenz: «Wir haben praktisch keine Unterbringungsreserven mehr. Diese angespannte Situation hat mehrere Gründe.»
Mehrere Gründe, die aber alle mit Corona zu tun haben. So hätten Wegweisungen wegen des Coronavirus nicht wie gewohnt durchgeführt werden können. Zudem müssten viele Asylsuchende zuerst in Quarantäne. Das brauche Platz, so Gattiker. Der wichtigste Grund für die Platznot in den Asylzentren ist aber das Corona-Schutzkonzept.
Keine Asylzentren auf Vorrat
Denn aufgrund der Abstandsregeln können von den insgesamt 4400 Plätzen in den 16 Bundesasylzentren derzeit nur 2200 genutzt werden. 90 Prozent dieser Plätze sind mittlerweile belegt. Deshalb wird per Ende Monat ein weiteres Asylzentrum mit 230 Plätzen im aargauischen Brugg eröffnet.
Zudem seien weitere Unterbringungsmöglichkeiten im thurgauischen Sulgen und in Reinach (BL) geplant. Auch wenn der Belegungsgrad hoch sei, sei man jetzt gut aufgestellt, sagt Gattiker und verneint, dass man zu spät auf die Coronakrise reagiert habe. Es bringe nichts, auf Vorrat Asylzentren zu betreiben.
Die Verantwortlichen des SEM sind mit den coronabedingten Schutzmassnahmen in den Bundesasylzentren zufrieden. Nur wenige Asylsuchende und Mitarbeitende hätten sich bisher mit Covid-19 angesteckt. Die Sicherheits- und Hygieneregeln würden strikte umgesetzt.
Wochenendausgang gestrichen
Zudem gibt es – auch wegen Corona – für Asylsuchende bis auf Weiteres keinen Wochenendausgang mehr, was verschiedentlich für Kritik bei Betroffenen sorgte. Dies sei in der entsprechenden Verordnung über den Betrieb von Asylzentren geregelt rechtfertigt SEM-Vizedirektor Claudio Martelli die Massnahme.
Im Übrigen bedeute dies nicht, dass die Menschen in den Zentren eingesperrt würden: «Selbstverständlich können die Asylsuchenden das Zentrum tagsüber verlassen an den Wochenenden. Es ist nicht so gemeint, dass sie das ganze Wochenende in den Zentren bleiben müssen.»
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe ist mittlerweile zufrieden mit dem Corona-Schutzkonzept in den Bundesasylzentren. Bis Ende September sind rund 7800 Asylgesuche eingegangen, rund ein Drittel weniger als in der Vorjahresperiode.
Das SEM geht in seinen Prognosen nicht davon aus, dass die Schweiz in den Wintermonaten mit markant steigenden Flüchtlingszahlen rechnen muss. Trotzdem sei man stetig mit den Kantonen im Gespräch, um im Bedarf kurzfristig weitere Plätze zu schaffen.