Sie bewirtschaften kontroverse Themen, versuchen die politische Agenda durch auffällige Aktionen zu beeinflussen und werden von der Gesellschaft als radikaler als ihre Mutterparteien wahrgenommen: die Jungparteien.
So unterschiedlich diese in der Schweiz sind, haben sie seit Anfang der Pandemie etwas gemeinsam. Sie konnten fast alle ein starkes Wachstum an neuen Mitgliedern verzeichnen, wie eine Umfrage von SRF ergibt. Noch nie interessierten sich so viele Jugendliche für Politik. Das zeigt der easyvote-Politikmonitor von GFS Bern, der im Mai publiziert wurde. Demnach hatten sich 55 Prozent der 15- bis 25-Jährigen als zumindest teilweise politisch engagiert bezeichnet. Erstmals in der Studienreihe war dieser Wert so hoch.
Profitieren tun vor allem die Linken
Von links bis rechts fanden junge Menschen also im letzten Jahr Interesse an der Politik, doch welche Jungpartei konnte in dieser aussergewöhnlichen Zeit die Jungen am meisten mobilisieren?
Die Jungsozialistinnen und Jungsozialisten verzeichnen rund doppelt so viele neue Mitglieder wie in den Vorjahren. In Zahlen bedeutet dies: 1889 Neueintritte seit Anfang 2020 und 4500 Mitglieder total.
Die Jungen Grünen weisen mit 1237 neuen und 4432 Mitgliedern insgesamt ein ähnlich hohes Wachstum auf. Mit der Klimadebatte verzeichneten die grünen Jungparteien schon vor Corona einen Aufschwung, doch auch die Pandemie hatte einen Effekt.
Ich habe schon das Gefühl, dass mit der Pandemie (...) der Effekt von Entscheiden auf unser Leben deutlicher ist, und dass das Lust macht, mitzugestalten, was wir für eine Zukunft haben wollen».
Julia Küng, Co-Präsidentin der Jungen Grünen, stellt fest: «Ich habe schon das Gefühl, dass mit der Pandemie politische Entscheide viel klarer in unserem Alltag sind, dass der Effekt von Entscheiden auf unser Leben deutlicher ist, und dass das vielleicht auch Lust macht, mitzugestalten, was wir für eine Zukunft haben wollen».
Mir fällt auf, dass die Massnahmen viele früher unpolitische Menschen – insbesondere auch Junge, weil lang vergessen und stark betroffen – politisiert haben.
Ähnlich sieht es bei den Jungen Grünliberalen aus. Seit Beginn der Pandemie verzeichneten sie nicht rekordhohe Neueintritte, doch laut Tobias Vögeli, Co-Präsident der Jungen Grünliberalen, habe diese wahrscheinlich schon einen Einfluss auf ihr Wachstum gehabt. Ihm fällt auf, «dass die Massnahmen viele früher unpolitische Menschen – insbesondere auch Junge, weil lang vergessen und stark betroffen – politisiert haben». Seit Anfang 2020 hatte die Junge GLP 1425 Neueintritte, somit kommen sie auf insgesamt 3022 Mitglieder.
Auch die mitgliederstärkste Jungpartei ist seit Anfang 2020 gewachsen. Mit rund 1000 Neueintritten kommt die Junge SVP auf 7200 Mitglieder. Der Corona-Effekt sei deutlich: «Die Junge SVP hat sich von Beginn weg gegen einschränkende Massnahmen ausgesprochen, gegen Bevormundung, gegen diese endlose Massnahmenpolitik, das bewegt tatsächlich die Jungen dazu, sich in Scharen bei uns anzumelden», erklärt David Trachsel, Präsident der Jungen SVP.
Am wenigsten profitiert haben die Junge Mitte und die Jungfreisinnigen. Seit Anfang 2020 hat die Junge Mitte 800 neue und insgesamt 3200 Mitglieder. Dieses Wachstum sei klar überdurchschnittlich, was laut der Jungen Mitte auch an der Corona-Krise liegen könnte.
Unsere Politik beziehungsweise unsere Werte und Lösungsvorschläge scheinen unabhängig von der aktuellen Lage ihre Gültigkeit und Berechtigung zu haben.
Einzig die Jungfreisinnigen können keinen Corona-Effekt ausmachen. Sie kommen nur auf 450 neue Parteieintritte seit Anfang 2020, somit auf 4450 Mitglieder insgesamt. Matthias Müller, Präsident der Jungfreisinnigen, wertet dies jedoch als sehr positiv: «Unsere Politik beziehungsweise unsere Werte und Lösungsvorschläge scheinen unabhängig von der aktuellen Lage ihre Gültigkeit und Berechtigung zu haben. Ein nachhaltiges Wachstum ist somit garantiert».