Seit Dienstag sollen die Menschen, wann immer es geht, zu Hause bleiben. Wie die Polizei dieser Aufforderung Nachdruck verleiht, weiss Stefan Blättler, Kommandant der Berner Kantonspolizei.
SRF News: Der Bundesrat hat die Leute dazu aufgerufen, zu Hause zu bleiben. Was beobachten Sie nun auf den Strassen in Bern? Halten sich die Menschen daran?
Stefan Blättler: Das Gros der Bevölkerung ist sich sehr wohl bewusst, was der Bundesrat will: Die Bevölkerung schützen und einen effizienten Beitrag zur Reduktion der Ausbreitung dieses Virus leisten. Die meisten Menschen halten sich daran, doch es kommt vor, dass man manche Leute darauf aufmerksam machen muss: geht auseinander, steht nicht zu nahe beisammen. Die Ausbreitung ist am ehesten möglich, wenn man den Abstand von zwei Metern nicht einhält.
In Zürich werden Ansammlungen bis 15 Personen toleriert, in Genf noch fünf, in Bern gibt es offenbar keine Limite – gibt es da noch einen Flickenteppich?
Nein. Letztlich ist es eine Frage des gesunden Menschenverstandes und des Ermessens. Wir haben unter den Polizeikommandanten diese Frage erörtert. Der Bundesrat hat bewusst nur ein Versammlungsverbot für Veranstaltungen deklariert. Wenn Menschen privat draussen zusammenstehen, ist dies explizit nicht in der Verordnung drin.
Gibt es keine einheitliche schweizweite Praxis, muss man die lokalen Bedingungen berücksichtigen?
Das ist nicht so. Wir haben uns abgesprochen. Wir sagen, in der Regel sollten Gruppen ab zehn bis 20 Leuten auseinandergehen. Aber wenn einmal fünf ältere Personen zusammenstehen, dann macht es eben auch Sinn, diesen das zu sagen. Unser Auftrag als Polizei ist, den Leuten zu sagen: Ihr erweist Euch selbst einen Dienst, indem Ihr Euch nicht ansteckt und Ihr helft allen anderen Menschen, wenn Ihr nicht ungewollt mit Eurem Verhalten andere ansteckt.
Das Strafrecht ist bei der Bekämpfung gegen ein Virus nicht das richtige Mittel. Das sind gesunder Menschenverstand und Überzeugungskraft.
Es geht nicht darum, mit Zwangsmassnahmen und strafrechtlichen Mitteln vorzugehen. Das Strafrecht ist bei der Bekämpfung gegen ein Virus nicht das richtige Mittel. Das sind vielmehr gesunder Menschenverstand und Überzeugungskraft - und das macht die Schweizer Polizei vom Genfersee bis zum Bodensee.
Wenn die epidemiologische Lage dies notwendig macht, wird der Bundesrat vermutlich die entsprechenden Massnahmen treffen.
Die Situation im Tessin ist laut Bundesamt für Gesundheit dramatisch. Braucht es nun eine Ausgangssperre?
Es ist nicht an der Polizei, dies zu beurteilen. Das ist eine gesundheitspolitische Massnahme. Ich gehe davon aus, dass die Verantwortungsträger vom BAG und vom Bundesrat dies intensiv verfolgt. Und wenn die epidemiologische Lage dies notwendig macht, wird der Bundesrat vermutlich die entsprechenden Massnahmen treffen.
Könnten die etwa 18'500 Polizisten im ganzen Land so eine Ausgangssperre überhaupt durchsetzen?
Ich glaube, den Bürgerinnen und Bürgern ist klar, worum es geht. Hier geht es nicht darum, etwas durchzusetzen. Es geht auch bei schärferen Massnahmen darum, an die Einsicht der Leute zu appellieren. Ich bin überzeugt, dass uns das gelingt.
Was raten Sie jetzt aus Ihrer Sicht als Polizist den Leuten?
Befolgt doch bitte diese Verordnung, so wie sie jetzt in Kraft ist: Geht nach Hause, steht nicht unnötig draussen herum. Ihr verhindert damit, dass das Virus Euch selbst trifft oder dass Ihr dieses Virus ungewollt weitergebt. Beachtet diese Regel wirklich. Das ist letztlich das, was die Verordnung will. Und das ist die Botschaft, die ich hier absetzen möchte.
Das Gespräch führte Christoph Nufer.