Zum Inhalt springen
Audio
SP hatte bei der Frontex-Abstimmung einen schwierigen Stand
Aus SRF 4 News aktuell vom 16.05.2022. Bild: Keystone-SDA
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 42 Sekunden.

Positionsbezug der SP Politologe: SP wird weiterhin europapolitisch ins Dilemma kommen

Frontex, die europäische Grenzschutzbehörde, erhält mehr Geld und Personal aus der Schweiz. Das Stimmvolk hat gestern zur erweiterten Finanzierung Ja gesagt. Das ist eine Niederlage für das Referendumskomitee. Dem Asyl und Menschenrechtsorganisationen, aber auch die SP angehört haben. Die SVP war ursprünglich gegen ein Referendum, machte dann aber doch mit. Politologe Georg Lutz beleuchtet die Haltung der SP bei dieser Abstimmung.

Georg Lutz

Professor für Politologie

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Der Politologe Georg Lutz ist Professor an der Universität Lausanne. Davor war er Projektleiter der Schweizer Wahlstudie «Selects» am Forschungszentrum Sozialwissenschaften FORS in Lausanne.

SRF News: Welche Rolle spielte die SP bei der Frontex-Vorlage?

Georg Lutz: Sie musste auf diesen Referendumszug aufspringen. Sie hat ja im Parlament nein gesagt. Es war ein Komitee, das dieses Referendum ergriffen hat, das die SP unterstützen musste. Sie hat das nur halbherzig getan, aber sie hat es gemacht. Im Abstimmungskampf hat sie sich dann einigermassen engagiert. Auch prominente Parteivertreterinnen und Parteivertreter sind hingestanden und haben das Nein verteidigt. Aber viel Geld hat man sicher nicht in diese Kampagne gesteckt.

Kann man sagen, dass es da kein grosses Engagement der SP gab?

Ich denke, die SP hat dieses Referendum nicht gesucht. Sie hatte auch das Problem, dass sie argumentieren musste, nicht generell gegen Schengen-Dublin und damit auch gegen Frontex zu sein.

Es ist anspruchsvoll, zu argumentieren, dass man nicht grundsätzlich dagegen ist, aber trotzdem ein Nein will.

Sie hat auch selbst gesagt, dass sie mit diesem Nein vor allem ein Zeichen setzen wolle. Es ist anspruchsvoll, zu argumentieren, dass man nicht grundsätzlich dagegen ist, aber trotzdem ein Nein will. Offenbar hat das nicht verfangen, nicht einmal bei der eigenen Parteiwählerschaft.

Ihr Nein zu Frontex begründete die SP damit, dass Frontex an den EU-Aussengrenzen grundlegende Menschenrechte verletze. Der Frontex wird unter anderem vorgeworfen, sie würde Geflüchtete daran hindern, in der EU ein Asylgesuch zu stellen, was deren Recht ist. Warum hat man sich das nicht stärker eingesetzt?

Die Argumentation, dass es wesentlichen Nachbesserungsbedarf bei der Arbeit der Frontex gebe, wurde breit geteilt, auch von den Befürwortern der Vorlage.

Ohne Frontex wären die einzelnen Länder für den Grenzschutz verantwortlich, und ob das zu weniger Menschenrechtsverstössen führen würde, darf sicher bezweifelt werden.

Mit einem Nein wären die Probleme nicht einfach gelöst worden. Die Frontex wird es weitergeben. Ohne Frontex wären die einzelnen Länder für den Grenzschutz verantwortlich, und ob das zu weniger Menschenrechtsverstössen führen würde, darf sicher bezweifelt werden. Die SP konnte ihr generelles Nein schwer rüberbringen.

In der Europapolitik steckt die SP in einem Dilemma. Es ist nicht das erste Mal. Vor drei Jahren, bei der Abstimmung über die Waffenrichtlinien, stand sie auf der Seite der EU. Bei Frontex hat die Partei nun die Seite gewechselt. Wie kommt dieser Gesinnungswandel zustande?

Bei den Waffenrichtlinien ging es um eine Verschärfung des Waffengesetzes, das durchaus im Sinne der SP war. Da gab es eine Übereinstimmung zwischen ihrer europapolitischen Position und der innenpolitischen Position.

Plakati mit Aufschrift: Frontex Abschaffen
Legende: Bei der Frontex-Vorlage hatten linke Anliegen keine Chance. Keystone

Es zeigt sich aber ein grundsätzliches Dilemma: Solche Abkommen werden laufend angepasst und die Schweiz und damit auch die SP werden weiterhin in dieses Dilemma kommen. Soll man diese Änderungen übernehmen? Oder soll sie sie bekämpfen und damit ihre eigene europapolitische Position, die eine Annäherung sucht, unterwandern? Am stärksten zeigt sich das, wenn es um ein Rahmenabkommen mit Lohnschutz geht. Die SP ist grundsätzlich für eine Annäherung an Europa, für ein Rahmenabkommen. Aber der Lohnschutz ist eine rote Linie. Das hat dazu geführt, dass die SP das Rahmenabkommen auch abgelehnt hat.

Video
Aus dem Archiv: Erklärvideo. So wird die Frontex finanziert
Aus Arena vom 29.04.2022.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 18 Sekunden.

Das Gespräch führte Claudia Weber.

 

SFR 4 News, 16.05.2022, 06:50 Uhr ; 

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel