Wer durch die Berner Münstergasse schlendert, stolpert vor der Hausnummer 39 über mehrere Fünffrankenstücke – und wer sich bückt, um das Geld vom Kopfsteinpflaster aufzuheben, wird nass.
Seit 30 Jahren düpiert und belustigt der Berner «Wasserspeier» Einheimische und Touristen.
Jeden Frühling installieren Künstler Luciano Andreani und Hausbesitzer Tinu Mühlethaler den Speier auf dem Altstadthaus. 13 Meter über der Münstergasse, einzig gesichert mit einem Handgriff. «Die Montage ist ein heikler Moment, und sie wird jedes Jahr ein bisschen gefährlicher», so Tinu Mühlethaler.
Hinzu komme der Unterhalt der technischen Kunstinstallation, die in den Wintermonaten viel Zuwendung bedürfe.
Angebot an die Stadt
Künstler Andreani und Hausbesitzer Mühlethaler überlegten sich deshalb, dass sich ja vielleicht die Stadt künftig um das beliebte Kunstwerk kümmern könnte. «Wir haben der Stadt im April den Wasserspeier als Geschenk angeboten», sagt Mühlethaler.
Die Stadt Bern habe das Schenkungsangebot allerdings ausgeschlagen – zur Überraschung des Künstlers.
Luciano Andreani verweist auf die Stadtberner Kulturstrategie, wonach die Stadt stolz auf ihre Kulturschaffenden sei und sich ihren Werken verpflichte. «Wenn die Stadt schon solch edle Strategien hat, dann sollte sie auch ‹den Hintern haben›, diese umzusetzen», enerviert sich der Künstler.
Andreani hat 50 Jahre in Bern gearbeitet, den «Wasserspeier» bezeichnet er als sein Hauptwerk.
Aus «nein, danke» wird «ja, aber»
Drei Monate und eine Anfrage des Schweizer Fernsehens später revidiert die Stadt ihre Meinung. Die Grundprinzipien der Berner Kulturstrategie würden selbstverständlich auch für den «Wasserspeier» gelten, so Franziska Burkhardt, Leiterin von Kultur Stadt Bern. Sie spricht von einer nie dagewesenen Situation.
«Das Problem ist, dass das Werk an einem Privathaus angebracht ist. Es ist mit Wasser und mit Strom verbunden. Da stellen sich beispielsweise auch Haftungsfragen», so Franziska Burkhardt.
Der Wasserspeier sei aber eindeutig eine Attraktion, für eine Übernahme gelte es nun eine kreative Lösung zu finden. Heisst: Wer in der Berner Münstergasse einen Fünfliber aufheben will, der wird auch künftig nass.