Vor einem knappen Jahr kommt heraus: Die Post will bis 2028 schweizweit 170 Filialen aufgeben und künftig als Partner-Filiale betreiben, etwa integriert in einen Supermarkt. Als Grund nennt die Post den fehlenden Umsatz und den Rückgang der Einzahlungen am Schalter. Für die Gewerkschaft Syndicom kommt das Vorhaben der Post einem «Kahlschlag» gleich.
Besonders hart trifft der Abbau den Kanton Bern: Für 25 von 95 Filialen muss eine neue Lösung gefunden werden. Zum Beispiel für die Poststelle in Hasle-Rüegsau. Als der Gemeindepräsident von Hasle, Raymond Weber, vom Abbau erfährt, denkt er als Erstes: «Das kann nicht sein. Wir haben doch ein Einzugsgebiet von 10'000 Leuten.»
Ich fühlte mich vor den Kopf gestossen, bereits vor wenigen Jahren haben wir zwei Poststellen verloren.
Auch für Andreas Hängärtner, Gemeindepräsident von Rüegsau, kommt der Entscheid aus heiterem Himmel: «Ich fühlte mich vor den Kopf gestossen, bereits vor wenigen Jahren haben wir zwei Poststellen verloren.» Möglichkeiten, die Poststelle in einen Laden zu integrieren, sieht er kaum. «In den letzten Jahren musste mehrere Geschäfte schliessen.»
Auch wenn die Post einen Partner finde – es bleibe ein Abbau. Im Laden etwa könne man nicht mehr Bargeld beziehen oder grössere Beträge einzahlen.
Längere Öffnungszeiten im Laden
Ebenfalls vom Abbau betroffen ist die Postfiliale in Wengen im Berner Oberland. Gemeindepräsident Karl Näpflin sucht aktuell nach einer Lösung: «Wir schauen, wer Interesse hat. Das kann ein Detailhändler, aber auch ein Tourismusbüro sein.»
Wer die Poststelle übernimmt, erhält von der Post eine Entschädigung. Maximal 18'000 Franken pro Jahr würde die Post einem Partnerbetrieb in Wengen bezahlen. «Das finde ich nicht sehr viel», sagt Näpflin.
In Mürren – der Ort gehört wie Wengen zur Gemeinde Lauterbrunnen – ist die Post bereits in einen Coop-Supermarkt integriert. Laut Gemeindepräsident Karl Näpflin seien die Leute zufrieden mit dieser Lösung: «Wir hatten keine einzige Reklamation.»
Der Grund für die gute Stimmung: Coop hat längerer Öffnungszeiten als die frühere Poststelle. «Dazu muss man wissen, dass diese Poststelle vor der Schliessung nur noch beschränkt offen und dadurch für die Leute nicht mehr interessant war – gut möglich, dass dies eine Taktik der Post ist.»
In den letzten 15 Jahren haben sich die Geschäfte am Schalter halbiert.
Dem widerspricht Post-Mediensprecher Patrick Stöpper. Der Grund für die kürzeren Öffnungszeiten sei die Wirtschaftlichkeit. «In den letzten 15 Jahren haben sich die Geschäfte am Schalter halbiert.»
Schlichtungsstelle soll helfen
Was ist, wenn sich kein Partner für die Übernahme der Postfilialen findet? «Dann wäre der Haus-Service eine valable Alternative», sagt Stöpper. Das heisst: Der Postbote oder die Postbotin sucht die Kundschaft zu Hause auf, etwa wenn diese ein Paket aufgeben will. Allerdings muss dieser Service einen Tag zuvor angemeldet werden.
Für Karl Näpflin in Wengen ist ein Haus-Service keine Lösung. «Wir haben 10'000 Betten, die mehrmals pro Jahr fast vollständig besetzt sind – unvorstellbar, dass es keine Poststelle mehr gibt.»
Wir wehren uns bis zum Letzten.
Wenn sich Post und Gemeinde nicht einigen können, hilft die Schlichtungsstelle Postcom des Bundes. Dahin wollen sich auch die Gemeindepräsidenten von Hasle und Rüegsau wenden. Für sie ist und bleibt die Schliessung «ihrer» Poststelle inakzeptabel. «Wir wehren uns bis zum Letzten», sagt Raymond Weber. Es dürfte also schwierig werden, für die Poststelle in Hasle-Rüegsau eine Lösung zu finden.