Das Ja zur 13. AHV-Rente könnte ein Dammbruch zum Ausbau des Sozialstaats sein, befürchteten die Gegnerinnen und Gegner nach dem historischen Erfolg der Gewerkschaften im vergangenen März. Und die linken Parteien hofften, es würde nun eine neue Ära in der Sozialpolitik beginnen.
Doch schon seit mehreren Wochen zeichnete sich ab: Die Prämien-Entlastungs-Initiative wird zu keiner 13. AHV 2.0. Dennoch rechnete kaum jemand mit einem so deutlichen Nein-Resultat.
Hohe Kosten im Zentrum
Was der Gegnerschaft vor drei Monaten misslungen war, funktionierte dieses Mal: Sie rückte die hohen Kosten bei einer Annahme ganz in den Vordergrund. Dass um die Finanzierung der 13. AHV-Rente immer noch gestritten wird, war für die Gegnerinnen und Gegner ein zusätzlicher Vorteil.
Der politische Diskurs dreht sich seit Wochen generell stark um die schwierige Finanzlage des Bundes: drohende Milliarden-Defizite in den nächsten Jahren, die Schuldenbremse, mehr Geld für die Armee. Die Diskussion dürfte bei vielen Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern vor Augen geführt haben: Die Finanzierung der Prämien-Entlastungs-Initiative würde das Fuder möglicherweise überladen.
Weniger emotional, dafür komplex
Der Abstimmungskampf fiel lau aus. Laut dem Monitor der Universität Zürich berichteten die Medien nur etwa halb so viel über die Prämien-Entlastungs-Initiative wie über die 13. AHV-Rente. Die Befürwortenden und die Gegnerschaft führten die Kampagnen weit weniger emotional.
Der Kreis der Betroffenen war dieses Mal auch nicht der gleiche. Sehr viele ältere Menschen, vor allem Rentnerinnen und Rentner mit kleinem Portemonnaie, gingen für die 13. AHV an die Urne. Darunter viele, die fast nie an Abstimmungen teilnehmen. Hauptleidende der Prämienlast sind aber vor allem Familien. So kam es dann auch nicht zu einer starken Mobilisierung wie vor drei Monaten.
Die Initiative war auch deutlich komplexer als die zusätzliche Rente. Man musste zuerst einmal rechnen, ob man überhaupt in den Genuss einer zusätzlichen Prämienentlastung kommen würde. Je nach Kanton fiel die Rechnung wieder anders aus.
Mehr Prämienverbilligung am Horizont
Im Unterschied zur 13. AHV gab es dieses Mal auch einen Gegenvorschlag: Die Kantone müssen mindestens 360 Millionen mehr in die Prämienverbilligung investieren. Dieser Gegenvorschlag tritt nun in Kraft, falls kein Referendum dagegen ergriffen wird.
Allerdings dürfte dieser Betrag kaum genügen, um den nächsten Prämienhammer ganz abzufedern. Die Krankenkassenprämien werden im nächsten Jahr laut ersten Prognosen um durchschnittlich sechs Prozent steigen.
Nach diesem Abstimmungssonntag fehlen aber weiterhin mehrheitsfähige Rezepte, wie das Kostenwachstum im Gesundheitswesen stärker gelindert oder gebremst werden kann.
Die linken Parteien und Gewerkschaften wollen jetzt in den Kantonen aktiv werden. In der Westschweiz, im Tessin und in Basel-Stadt, wo heute die Prämien-Entlastungs-Initiative angenommen wurde, wollen sie einen 10-Prozent-Deckel einfordern. Der Gegenvorschlag schreibt den Kantonen aber keinen fixen Prämiendeckel vor.