- Der Ständerat ist im zweiten Anlauf auf einen Gegenvorschlag zur Prämien-Entlastungsinitiative der SP eingetreten.
- Beim Entscheid überwogen die Bedenken, die chancenreiche SP-Initiative allein vors Volk zu bringen.
- Das Geschäft geht jetzt an den Nationalrat.
Der Ständerat trat mit 24 zu 16 Stimmen bei zwei Enthaltungen auf die Vorlage ein, nachdem er in der Wintersession noch nichts von einem Gegenvorschlag wissen wollte. Nun schwenkte vor allem die Mitte um, die sich bis auf zwei Mitglieder hinter den Kompromissvorschlag der Gesundheitskommission stellte. Geschlossen dagegen stimmte die SVP, die FDP war gespalten.
Kommissionssprecher Erich Ettlin (Die Mitte/OW) betonte die Risiken, ohne indirekten Gegenvorschlag in die Abstimmung gegen die SP-Initiative zu gehen. Mit dem Kompromissvorschlag sei man auf der Linie des Bundesrats geblieben – auch im vollen Wissen, dass Prämienverbilligungen das Grundproblem der Kostensteigerung nicht lösten.
Hannes Germann (SVP/SH) plädierte im Namen der Minderheit, die Initiative dem Souverän ohne Gegenvorschlag zu präsentieren. Dieser könne dann mit allen Vor- und Nachteilen befinden und werde sich auch Gedanken über die finanziellen Folgen machen müssen. Germann wiederholte die Argumente aus der Wintersession, dass nicht in die Autonomie der Kantone eingegriffen werden sollte. Diese wüssten am besten, wie sie Prämienverbilligungen dosieren müssten.
Nicht «Russisch Roulette» spielen
Die SP-Initiative sei nicht finanzierbar, stosse aber im Volk auf grosses Interesse, warnte auch Josef Dittli (FDP/UR). Die Kantone seien sich bewusst, dass diese Initiative das Potenzial zum Erfolg habe. Ohne Gegenvorschlag werde das zu «Russisch Roulette», betonte er an die Adresse von Germann.
Der Nationalrat habe in seinem Gegenvorschlag auf über zwei Millliarden «aufgebuttert», was wie die Initiative nicht finanzierbar sei, kritisierte Dittli. Der ständerätliche Kompromiss dagegen liege mit 356 Millionen um ein Drittel unter dem Bundesrat mit Mehrkosten von 493 Millionen.
Hans Stöckli (SP/BE) zeigte sich überzeugt, dass die SP-Initiative sehr gute Chancen im Volk habe und begrüsste auch den Gegenvorschlag. Die Unterschriftensammlung vor ein paar Jahren sei sehr einfach gelaufen, und die Lage in den Haushalten habe sich seither weiter verschärft. Die zusätzliche Verpflichtung der Kantone sei keinesfalls nur Symptombekämpfung, sondern schaffe auch Anreize zu Kostensenkungen.
So sieht der Kompromiss aus
Laut dem Kompromiss der Kommission sollen die Kantone neu einen Mindestbetrag von 3.5 bis 7.5 Prozent der kantonalen Kosten der obligatorischen Grundversicherung für die Prämienverbilligung aufwenden müssen. Der Bundesrat wollte die Schwelle bei 5 bis 7.5 Prozent setzen. Der Mindestbeitrag hängt bei beiden Varianten davon ab, wie stark die Prämien das Budget der 40 Prozent einkommensschwächsten Versicherten im Kanton belasten.
Nationalrat will massiv mehr Verbilligungen
Der Nationalrat hatte im letzten Sommer beschlossen, über zwei Milliarden von Bund und Kantonen für zusätzliche Prämienverbilligungen auszugeben, davon 800 Millionen zulasten der Kantone. Daran hielt die grosse Kammer im Frühling fest. Anträge der Ratslinken, dem Nationalrat zu folgen, blieben in der Ständeratsdebatte am Dienstag ohne Erfolg. Das Geschäft geht nun an die grosse Kammer.