- Mit dem Rücktritt von Bundesrat Ueli Maurer geht einer der erfolgreichsten Schweizer Politiker von Bord.
- Maurer sei im Lauf seiner 14 Jahre im Bundesrat zum Staatsmann gereift, so der Tenor in den Kommentaren der Schweizer Medien.
Der Finanzminister habe 44 Jahre für die Schweiz gearbeitet. Einfach sei es mit ihm nicht immer gewesen. Doch das Land habe ihm viel zu verdanken, schreibt die «Neue Zürcher Zeitung». Mit ihm gehe einer der überzeugendsten Vertreter der Schweiz.
Maurer habe Christoph Blochers eisernen Kurs mitgetragen. Gemeinsam hätten Blocher, Maurer und andere harte Zürcher die SVP zu dem gemacht, was sie heute sei: die stärkste politische Kraft der Schweiz. Eine Rechtspartei, die auch im internationalen Vergleich ziemlich weit rechts stehe.
«Mäandernd zwischen den Rollen»
Der Zürcher Bundesrat habe geschafft, was Blocher misslang, schreibt der «Blick». Er wechselte wie auf Knopfdruck vom Modus des Parteischefs in den des Bundesrates. Von einem Tag auf den anderen zeigte er sich plötzlich zurückhaltend – und blieb sich doch auf bemerkenswerte Weise treu. Manchem werde er noch fehlen.
Maurer gehe, wie er regiert habe – mäandernd zwischen den Rollen als Staatsmann und Oppositioneller, kommentieren die Tamedia-Zeitungen den Rücktritt. Auch gegenüber seiner eignen Partei sei Maurer hier und da unberechenbar geblieben. Sachpolitisch habe er häufig unabhängig und eigenwillig agiert.
Rücktritt als Geschenk für die SVP
Mit seiner Demission per Ende Jahr mache Maurer seiner Partei ein letztes Geschenk: Ein Jahr vor den nationalen Wahlen erhalte sie die Gelegenheit für ein Schaulaufen ihres Spitzenpersonals. Der Anspruch auf zwei Bundesratssitze sei unbestritten. Albert Rösti und Natalie Rickli seien mehrheitsfähige Topkandidaten.
Auf die bündnerische SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher fokussierte der Kommentator in der «Südostschweiz». An ihr komme in Bundesbern in der eigenen Partei niemand vorbei. Sie setze die Themen, sie bestimme die Marschrichtung – und sie blase den Marsch. Sollte sie jetzt nicht antreten, bliebe ihr bei einem allfälligen Rücktritt von SVP-Bundesrat Guy Parmelin eine zweite Chance.
Ueli Maurer als Bundesrat
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Bild 1 von 12. Die Vereidigung: Ueli Maurer wurde am 10. Dezember 2008 als Nachfolger von Samuel Schmid in den Bundesrat gewählt. Der Hinwiler amtete zunächst für sechs Jahre im VBS als Verteidigungsminister, bevor er 2016 ins Finanzdepartement wechselte. 2013 und 2019 stand er der Landesregierung als Bundespräsident vor. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 12. Als Bundespräsident hielt Maurer 2013 an der Generalversammlung der UNO ein Plädoyer fürs Völkerrecht. Ein weltmännischer Auftritt, so SRF-Korrespondent Fredy Gsteiger: «Er machte klar, er sei nicht als SVP-Mann gekommen, nicht als UNO-Gegner. Sondern als einer, der über den Bauchnabel hinausschaut, sich für die Sorgen der Welt interessiert.». Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 12. Das berühmte Olma-Säuli macht es den Bundesrätinnen und Bundesräten bisweilen nicht ganz einfach. Ueli Maurer konnte es hier im Jahr 2013 aber problemlos in Schach halten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 12. Wenn er genervt war, vor allem von der Medienarbeit, dann zeigte er das auch. Bei den Bundesratswahlen im Oktober 2015 wollte der SRF-Reporter Maurer zu seinem Glanzresultat befragen. «Nei, kä Luscht», entgegnete dieser schroff und wurde damit zum Twitter-Star. Auch ein Interview in der SRF-Sendung «Eco» liess Maurer kurzfristig platzen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 12. Eigentlich wollte sich Ueli Maurer hier im Juni 2018 zum Schutz der Börseninfrastruktur äussern. Das Thema geriet aber ob der offensichtlichen Schürfwunden im Gesicht des Finanzministers eher in den Hintergrund. Folgen eines Velounfalls, wie der leidenschaftliche Biker gut gelaunt erklärte. «Unter den Kleidern sieht es noch etwas schlimmer aus.». Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 12. Familienmensch im Kreise seiner Liebsten: Ein strahlender Bundespräsident posierte mit Sohn Ulrich (rechts), dessen Frau und Kindern, sowie den zwei Töchtern Ursina (Zweite von links), deren Partner und Sidonia (Dritte von links) nach der Ersatzwahl in den Bundesrat am 5. Dezember 2018. Ueli Maurer und seine Frau haben insgesamt sechs Kinder. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 12. Englisch ist nicht unbedingt Maurers Ding. Im Mai 2019 besuchte er als erster Schweizer Bundespräsident das Weisse Haus und sprach mit US-Präsident Donald Trump. Sein Gästebucheintrag war fehlerhaft, und auch im CNN-Interview vermochte er mit seinen Sprachkenntnissen nicht zu glänzen. Bildquelle: EFD/Twitter.
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Bild 8 von 12. Eindeutig mehr Spass als an der Medienarbeit hatte Maurer an volksnahen Anlässen. Hier fühlte er sich sichtlich wohl: Ueli Maurer im August 2019 beim Festumzug des Schweizerischen Schwing- und Älplerfests in Zug. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 12. Dieses Bild brachte ihm Ärger und Kritik ein: Bundesrat Ueli Maurer im «Freiheitstrychler»-T-Shirt. Trycheln gegen die Corona-Massnahmen. Das ist das Programm der Innerschweizer «Freiheitstrychler». Maurers Provokation wurde ihm von den anderen Parteien verübelt. Er selbst schwieg dazu beharrlich. Bildquelle: Twitter/Megafon Reitschule Bern.
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Bild 10 von 12. Es war bestimmt gut gemeint, kam aber nicht bei allen gut an: Mitten in den Corona-Wirren im Dezember 2020 feierten die Parlamentarierinnen und Parlamentarier den 70. Geburtstag Maurers, teilweise ohne Abstand, ohne Masken, dafür aber mit Gesang. Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 12. Bundesrat Ueli Maurer im Sommer 2021: Sieht er nach den harten Pandemiejahren da schon den Rücktritt am Horizont? Hier befindet er sich auf der Bundesratsreise in La Lance - einem Schloss und Weingut im Kanton Waadt. Bildquelle: Keystone/Laurent Gilieron.
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Bild 12 von 12. Ein schöner Sommer für Maurer zum Abschied: Ein traditionelles Schwingfest mit grossem Publikumsandrang – ganz ohne Coronamassnahmen und Einschränkungen. Beim Festakt der Schwägalp Schwingete am 14. August 2022 in Urnäsch hält er eine Rede. Bildquelle: Keystone/Gian Ehrenzeller.
Der Noch-Bundesrat sei in all den Jahren er selber geblieben, kommentiert die «Schweiz am Wochenende» den Rücktritt. Er habe sich nicht vom System vereinnahmen lassen. Der widerspenstige Bauernsohn mit KV-Lehrabschluss sei ein Aussenseiter im Bundesrat, doch er habe nicht an dieser Rolle gelitten – im Gegenteil. Er suchte sie und blühte darin auf.
Maurer werde mit seiner Tatkraft fehlen
Die Westschweizer Medien kommentieren den Rücktritt Maurers wohlwollend. Sie loben sein langes Wirken in der Landesregierung – im Gegensatz zur Amtszeit Blochers. Maurer habe oft die Grenzen der Konkordanz gestreift, jedoch anders als Blocher stets den Respekt vor den Institutionen bewahrt, schreibt die Tageszeitung «Le Temps».
In einer Zeit, da der Bundesrat dabei sei, die zahlreichen Krisen zu meistern, werde Maurer mit seiner Tatkraft fehlen. Das gelte vor allem für das Finanzdepartement, dem der SVP-Bundesrat vorsteht, schreibt «24 Heures». Die Waadtländer Tageszeitung betont zugleich das hohe Verantwortungsbewusstsein des Magistraten.