Eine imposante Kathedrale, gemütliche Beizen an der Aare, historische Gassen: Die Altstadt von Solothurn zieht viele Menschen an – für Tagesausflüge oder Shopping-Nachmittage. Doch für Menschen im Rollstuhl hat das beliebte Ausflugsziel seine Tücken: Steile Strassen, Pflastersteine, hohe Trottoirs und Stufen bei vielen Läden.
Vor einigen Jahren wurde auf Initiative zweier Rollstuhlfahrer deshalb das Projekt «SO klappt's!» ins Leben gerufen. Das Ziel: Solothurn soll als barrierefreie Einkaufsstadt vermarktet werden. Ganz so weit ist man nach zwei Jahren aber noch nicht, wie ein Rundgang zeigt.
Mobile Rampen als einfache Lösung
Der 57-jährige Andreas Steiner kennt jede Ecke in Solothurn, er lebt in der Stadt. Fast täglich ist der körperbehinderte Sozialarbeiter in einem rund 150 Kilogramm schweren Elektrorollstuhl unterwegs.
Er führt uns zu seiner Lieblingsbäckerei. Dort bleibt er vor dem Laden stehen und wartet, bis ein Angestellter des Geschäfts eine mobile Klapprampe bringt und sie über die steinerne Schwelle an der Eingangstür legt. Der Rollstuhlfahrer kommt so problemlos in die Bäckerei in einem Altstadthaus und kann sein Brot kaufen.
Erst 100 von 250 Geschäfte sind rollstuhlgängig
Insgesamt 20 Geschäfte haben in den letzten Jahren eine solche mobile Klapprampe angeschafft. Ein Aufkleber ausserhalb des Geschäfts weist auf das Angebot für Kundinnen und Kunden im Rollstuhl hin. Zudem sind alle barrierefreien Geschäfte im Internet verzeichnet.
Insgesamt sind inzwischen 100 Geschäfte in Solothurn offiziell barrierefrei. «Diese Rampen, das ist wahrscheinlich einzigartig in der Schweiz», erklärt Charlie Schmid von der Stadt- und Gewerbevereinigung.
Allerdings: In der Stadt Solothurn gibt es rund 250 Lokale. Weniger als die Hälfte sind also zugänglich für Menschen im Rollstuhl.
«Wir sind noch nicht am Ziel», sagt denn auch Charlie Schmid. Was er meint, wird später auf dem Rundgang deutlich. Rollstuhlfahrer Andreas Steiner führt uns zu einer beliebten Bar am Märetplatz. Hier gilt es zuerst ein hohes Trottoir und anschliessend mehrere Treppenstufen zu überwinden. Unmöglich für den schweren Elektrorollstuhl.
Altstädte sind kaum barrierefrei
Er sei früher auch ab und zu in solche Lokale gegangen, erzählt Andreas Steiner. Dafür habe er sich von Kollegen hereintragen lassen. «Einmal haben sie mich nicht richtig getragen. Das Resultat war ein Bruch im Knie.» Seither verzichte er auf den Besuch solcher Lokale.
«In der Altstadt gibt es viele, vor allem kleinere Läden und Lokale, die nicht barrierefrei sind», konstatiert der Rollstuhlfahrer. «Es bräuchte noch mehr Rampen. Aber manchmal kommt dann das nächste Hindernis, dass nämlich das Lokal schlicht zu klein ist für einen Rollstuhl», meint Steiner. Dies zu ändern ist in den mittelalterlichen Bauten aber schwierig.
Tatsächlich ist Barrierefreiheit für Altstädte besonders schwierig. Oftmals seien Umbauten nicht möglich oder nicht erlaubt, sagt auch Charlie Schmid als Vertreter des Gewerbes.
Wo möglich, setze man deshalb wenigstens auf die mobilen Rampen. Wie viele Geschäfte später einmal wirklich barrierefrei sein könnten, dazu will er aber nichts sagen. «Wir freuen uns über jeden Laden, der dazukommt.»