Hans und Manuela sind zwei von sieben Teilnehmern und Teilnehmerinnen dieser Runde der insgesamt sechs «Klimagespräche». Er ist pensioniert, hat sich vor kurzem den Arm gebrochen und festgestellt, wie wichtig ein gesunder Körper ist, um nachhaltig mobil sein zu können, sprich: Velo- und Bahnfahren zu können.
Manuela ist deutlich jünger. Sie ist erst einmal in ihrem Leben geflogen – vor 20 Jahren von Basel nach Nizza. Sie erinnert sich gut, wie kurz ihr die Reise damals vorgekommen ist. Mit persönlichen Erlebnissen rund ums Mobilsein steigen die Teilnehmenden in die Gesprächsrunde ein.
Rollenspiele zeigen Zielkonflikte
Anschliessend teilen sie sich in kleinere Gruppen auf und machen ein Rollenspiel. Jede und jeder versetzt sich in ein Mitglied einer fiktiven Familie – Mutter, Vater, Teenager-Tochter und -Sohn.
Abwechselnd ziehen die Spielerinnen und Spieler virtuelle Karten, die sie vor eine Entscheidung stellen: Fliegen sie übers Wochenende nach Paris? Stimmen sie für den Ausbau der lokalen Buslinie? Nutzt der Vater das Angebot des Nachbarn, gemeinsam mit dem Auto zur Arbeit zu fahren?
Es wird diskutiert und gelacht. Dabei zeigt sich, dass es Zielkonflikte gibt, es nicht immer eine eindeutig klimafreundlichere Option gibt sowie jede und jeder unterschiedlich definiert, was geht und was nicht.
Im Notfall ist Fliegen erlaubt
Dominique beispielsweise ist seit zwei Jahren auf Reisen. Dabei hat er bewusst aufs Fliegen verzichtet. Per Autostopp, Bus und Bahn ist er nach Burma gereist. Wegen der Pandemie sass er dort jedoch monatelang fest. Nach dem Militärputsch hat er sich dann schweren Herzens entschieden, mit dem Flugzeug weiterzureisen: «Im Notfall darf man das Flugzeug natürlich benützen», meint der ausgebildete Umwelt- und Gebäudetechnik-Ingenieur.
Im Handbuch zu den Klimagesprächen haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor der Runde lesen können, wie klimaschädlich welche Fortbewegungsart ist. Sie führen nun Buch darüber, wie viele Kilometer sie mit welchem Verkehrsmittel zurücklegen – Velo und Bahn dominieren in der Runde. Das Paar, das für den Weg zur Arbeit ein Auto benötigt, hat eines mit Elektromotor gewählt.
Wissen steht nicht im Zentrum
Dem Zuhörer wird schnell klar: Alle, die hier miteinander diskutieren, wissen gut Bescheid über den Klimawandel, über Klimapolitik und über die Möglichkeiten, den eigenen ökologischen Fussabdruck zu reduzieren. Es gehe denn auch nicht in erster Linie darum, Wissen zu vermitteln, erklärt Pascale Schnyder, die Projektleiterin vom kirchlichen Hilfswerk «Brot für alle».
Für Leute, die sich permanent mit dem Klimawandel befassen, sei es oft schwierig damit umzugehen, dass sich die Politik nur langsam bewegt und dass die Nachbarn sich so verhalten, als wenn es sie nichts anginge, so Schnyder. «Sich mit Leuten auszutauschen, die ähnlich denken, gibt unglaublich viel Motivation.»
Im ersten Jahr hat das Projekt knapp 200 Frauen und Männer in der Deutschschweiz erreicht. Die Idee ist, dass sich Klimagespräche wie ein Schneeballsystem verbreiten. Wer teilnimmt, kann sich anschliessend selbst als Moderatorin oder Moderator melden. Ob aus dem Schneeball eine Lawine wird, muss sich erst noch weisen.