Lange galt sie als einer der Hotspots der radikalen Muslime in der Schweiz: die An'Nur-Moschee in Winterthur. Die Moschee ist zwar schon seit über einem Jahr geschlossen, doch die Justiz beschäftigt sich noch immer mit ihr. Heute zum Beispiel steht ein ehemaliger Imam der Moschee vor dem Zürcher Obergericht. Er soll in einer Predigt zum Mord aufgerufen haben.
An jenem Freitagabend im Oktober 2016 befanden sich etwa 60 Gläubige im Gebetsraum. Gemäss Anklage zitierte der damals 24-jährige Imam in seiner arabischen Predigt den Propheten Mohammed: Muslime, die sich weigerten, mit den anderen in der Moschee zu beten, sollten in ihren Häusern verbrannt werden. Damit habe er öffentlich zur Tötung von Menschen aufgerufen – so die Staatsanwaltschaft.
«Nur ein naiver Junge»
Der Imam wurde ein paar Tage nach der Predigt bei einer grossen Razzia in der An'Nur-Moschee verhaftet. Vor einem Jahr verurteilte ihn das Bezirksgericht Winterthur zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 18 Monaten. Der Verurteilte akzeptierte das Urteil nicht. Gemäss seinem Verteidiger ist er kein Hassprediger, sondern «nur ein naiver Junge» ohne Verbindungen zu Islamisten.
Er habe nur ein paar Mal als Prediger ausgeholfen und den Inhalt seiner Predigt aus dem Internet zusammengesetzt – ohne grosse Arabischkenntnisse. Eigentlich habe er das eingeklagte Zitat des Propheten Mohammed gar nicht richtig verstanden. Deshalb fordert der Verteidiger beim heutigen Berufungsprozess einen Freispruch.
Rückübernahmeabkommen mit Äthiopien
Bei einer erneuten Verurteilung droht dem Äthiopier ein zehnjähriger Landesverweis. Unabhängig davon sitzt er bereits in Ausschaffungshaft, weil sein Asylgesuch abgelehnt worden ist. Ihn auszuschaffen werde aber schwierig, heisst es beim Zürcher Migrationsamt, weil die Schweiz aktuell noch kein Rückübernahmeabkommen mit Äthiopien habe.