Worum geht es? Vor bald zehn Jahren flog dank eines Whistleblowers aus der Schweiz auf, dass der ehemalige Premierminister Malaysias, Najib Razak, und seine Entourage Milliarden Dollar aus dem Staatsfonds 1MDB veruntreut haben. Auch zwei Schweizer Doppelbürger sollen sich bereichert haben. Ihnen wird ab dem 2. April vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona der Prozess gemacht.
Was ist mutmasslich passiert? Zwei Manager der Schweizer Firma Petrosaudi fädelten auf einer Jacht vor Cannes ein Joint Venture mit dem malaysischen Staatsfonds 1MDB ein, also ein Gemeinschaftsunternehmen, bei dem beide Seiten Kapital und Know-how beisteuern. 1MDB wollte eine Milliarde einbringen, Petrosaudi Ölfelder in Turkmenistan. So weit, so legal. Doch laut Anklageschrift der Bundesanwaltschaft besass Petrosaudi die Ölfelder gar nicht.
Was wird den Managern von Petrosaudi vorgeworfen? Die Manager, ein schweizerisch-saudischer sowie ein schweizerisch-britischer Doppelbürger, hätten zwar einen Teil der Gelder von 1MDB in die Ölförderung in Venezuela investiert, die Gewinne jedoch hätten sie grösstenteils für sich behalten, statt mit Malaysia zu teilen. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen zudem vor, sie hätten Hunderte Millionen Dollar auf eigene Konten abgezweigt. Die beiden Angeklagten bestreiten, etwas Illegales getan zu haben.
Welche Rolle spielten Schweizer Akteure? Ohne Akteure aus der Schweiz wäre der Skandal nie richtig ans Licht gekommen. Der schweizerische Bruno Manser Fonds erfuhr aus malaysischen Quellen von der Korruption und erstattete 2014 in der Schweiz Anzeige. Die Bundesanwaltschaft nahm die Sache damals aber noch nicht an die Hand.
2015 gelangte ein Whistleblower aus der Schweiz an die Medien. Der ehemalige Angestellte von Petrosaudi legte verdächtige Transaktionen offen. Jetzt wurden die Behörden in den USA, Singapur und der Schweiz aktiv. Es stellte sich heraus, dass ein grosser Teil der veruntreuten 1MDB-Gelder über den Schweizer Finanzplatz verschoben worden war. Die Weltpresse berichtete.
Welche Bedeutung hat der Prozess für Malaysia? Der Prozess in der Schweiz ist für die Aufarbeitung des 1MDB-Betrugsskandals in Malaysia wichtig. In Malaysia wurde der Skandal zunächst vertuscht: Ein Staatsanwalt wanderte ins Gefängnis, ein Jurist wurde in einem Ölfass einbetoniert, ein Banker auf offener Strasse erschossen und eine schwangere Übersetzerin mitsamt dem Ungeborenen in die Luft gesprengt. Alle diese Personen wussten von der Korruption und wollten sie öffentlich machen. Nachdem der Skandal ans Licht gekommen war, wurde Najib Razak bei den Wahlen 2018 nicht wiedergewählt. Stattdessen kam es zu mehreren Gerichtsprozessen. Aktuell sitzt Razak eine Haftstrafe ab.
Was passiert mit dem Geld? 1MDB tritt im Prozess als Privatklägerin auf. Der Staatsfonds stellt zivile Forderungen in Höhe von über fünf Milliarden Dollar. Die Bundesanwaltschaft hat rund 192 Millionen Franken auf Schweizer Bankkonten eingefroren und vier Liegenschaften blockiert, darunter ein Chalet in Gstaad. Zumindest ein Teil des Geldes könnte also zurück an Malaysia gelangen. Dies ist umso wichtiger, weil andere veruntreute 1MDB-Gelder auf Schweizer Bankkonten am Ende in der Schweizer Bundeskasse gelandet sind.
Wie geht es jetzt weiter? Das Bundesstrafgericht hat den ganzen April für die Gerichtsverhandlung vorgesehen. Bis ein Urteil gefällt wird, kann es Monate dauern.