Pia Meier, die ihren richtigen Namen nicht nennen möchte, hat einen tollen Job, für den sie alles gibt: «Arbeit ist für mich die oberste Priorität.» Sie macht einen Karriereschritt und beginnt dazu eine Weiterbildung. Doch da wird ihr alles zu viel, und sie erleidet im Januar ein Burnout. Mit noch nicht einmal 30 Jahren.
Pia Meier erhielt einen der ersten Therapieplätze in der Hybriden Tagesklink der Klinik Sonnenhalde in Basel. Mitte Februar wurde diese eröffnet, als schweizweit erste dieser Art. Viele klassische Kliniken und auch Psychiater haben teils monatelange Wartelisten.
Es ist ein Vorteil, dass man jeden Tag eine Betreuung hat, auch wenn diese online stattfindet.
Pia Meier nimmt seither jeweils montags, mittwochs und freitags an Therapien in den Klinikräumen teil. An den anderen Wochentagen nutzt sie verschiedene Online-Elemente. Diese Kombination habe ihr rasch Halt gegeben. «Es ist ein Vorteil, dass man jeden Tag eine Betreuung hat, auch wenn diese online stattfindet.»
Online könnten auch Sitzungen mit Psychotherapeutinnen stattfinden, teils am Abend. Zudem ermögliche die hybride Form Diskretion: Neben einem Teilpensum müsse nicht jeder der Arbeitgeber von der Tagesklink erfahren. Sie selber habe ihre Arbeit unterbrochen für die Therapie, um von kritischen Routinen loszukommen.
Die Hybride Tagesklinik füllt die Lücke zwischen Praxisterminen alle zwei Wochen und täglicher Klinikpräsenz. Sie belasse die Patientinnen und Patienten in ihrem Umfeld, erklärt die Psychologin Anja Rogausch. Sie leitet die Tagesklinik. «So ist ein sehr guter Transfer des Erlernten in den Alltag möglich.»
So ist ein sehr guter Transfer des Erlernten in den Alltag möglich.
Konkret kann man nach einem Burnout online beispielsweise Übungen zum Tagesablauf machen. Die Online-Plattform der Tagesklinik umfasst Dutzende Themen. Von Entspannung über Stressbewältigung, Burnout-Prävention bis zu Angstsituationen.
Bildschirm-Therapie ist für Jüngere normal
Mit einem Bildschirm zu kommunizieren statt mit einer lebendigen Person, irritiert Pia Meier gar nicht. Ihre Generation sei ja schon digital aufgewachsen. Zudem habe man sich während der Pandemie an Videokonferenzen gewöhnt.
Digitale Mittel in der Psychiatrie einzusetzen, sei besonders wichtig für Jüngere, sagt der baselstädtische Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger: «Für Digital Natives ist das fast so real wie Begegnungen von Mensch zu Mensch.»
Für Digital Natives ist das fast so real wie Begegnungen von Mensch zu Mensch.
Dennoch ist die Online-Therapie für Pia Meier kein Spaziergang. Eine Übung nehme zwei, drei Stunden in Anspruch. Das klinge lockerer als ein Arbeitstag. An sich selber zu arbeiten und belastende Situationen rückblickend aufzuarbeiten, koste aber sehr viel Energie.
Pia Meier wird die Hybride Tagesklinik noch bis im Mai besuchen. Sie könne diese gemischte Therapieform sehr empfehlen. «Wenn jemand sagt, eine Stunde in der Woche Therapie ist zu wenig und stationär ist zu viel, dann ist diese Tagesklinik der beste Ort.»
Sonnenhalde-CEO Anja Oswald verweist auf aktuelle Probleme wie steigende Gesundheitskosten, Fachkräftemangel oder immer mehr junge Erwachsene mit psychischen Problemen. Dafür sei die Hybride Tagesklinik ein Lösungsansatz. Ambulante Behandlung sei ohnehin günstiger als stationäre und hier könnten die Therapeuten mehr Patientinnen in derselben Zeit behandeln.
Ungelöst ist indes ein Tarifstreit: Erst zwei von drei Krankenkassenverbünden übernehmen die Behandlungskosten in Tageskliniken. Laut Oswald ist dies ein Grund, warum trotz des Nutzens tagestherapeutische Therapieplätze fehlten.