Während der Corona-Krise mussten alle flexibler werden. Der Weg zu einer Beratung musste kürzer und die Hürden mussten tiefer werden. Das habe zu neuen Modellen geführt, erklärt Alain Di Gallo, Klinikdirektor an den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel.
«Wir konnten Jugendlichen und Eltern, die Schwierigkeiten hatten, aber nicht in so grosser Not waren, dass sie eine einzelne Abklärung brauchten, das Angebot machen, sehr niederschwellig an einer Gruppe teilzunehmen», so Di Gallo.
Wir konnten Jugendlichen und Eltern das Angebot machen, sehr niederschwellig an einer Gruppe teilzunehmen.
Auch in Zürich ergab sich ein ähnliches Modell. Dort entstand das Krisenzentrum Life. Dieses ermöglicht Jugendlichen in einer Krise, sich ohne Diagnose beraten zu lassen und gegebenenfalls auch zu bleiben. Etwa wenn sie suizidale Gedanken hatten. «Es ist alles offen und sehr leicht erreichbar», erläutert die Klinikdirektorin der Universität Zürich, Susanne Walitza.
In vielen Kantonen wurde zudem das Budget im psychiatrischen Bereich aufgestockt. Neben Zürich und den beiden Basel sprachen auch die Kantone Bern, Thurgau und Waadt befristet Gelder. Damit konnten Kliniken und Praxen zusätzliche Fachleute einstellen und so mehr Therapieplätze schaffen. Zudem verstärkten einige Kantone auch das mobile Angebot, damit betroffene Familien während der Krise zu Hause beraten werden konnten.
Die Politik hat auf die Unterversorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie reagiert und zu einer gewissen Entlastung beigetragen. Trotzdem sieht die Fachgesellschaft gerade in ländlichen Gegenden Nachholbedarf. Zudem würden auch einige Angebote Ende Jahr auslaufen.
Bund und Kantone werden sich sicher über den Horizont 2023 hinaus für eine Verbesserung der Situation einsetzen.
Die psychische Gesundheit bleibe ein Thema, unterstreicht Tobias Bär, Sprecher der Schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK). Eine Analyse in diesem Bereich sei geplant, zudem starte ein Projekt zur Förderung von psychiatrischen Tageskliniken.
Bär führt aus: «Diese Beispiele zeigen, dass sich Bund und Kantone sicher über den Horizont 2023 hinaus für eine Verbesserung der Situation einsetzen werden.» Angesichts der anhaltend hohen Anfragen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie dürfte das wichtig bleiben.