Die Jugendgewalt ist im Kanton Zürich das sechste Jahr in Folge gestiegen. Fast 6000 Strafverfahren haben die fünf Jugendanwaltschaften 2021 eröffnet, knapp 15 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Haupttatort ist der öffentliche Raum, aber nicht nur. Wie eine neue Studie im Auftrag der Zürcher Bildungsdirektion zeigt, kommt es auch an Schulen häufig zu Gewalt – besonders zu Mobbing.
Gewaltvorfälle kommen gemäss Studie auf allen Schulstufen vor, an der Volksschule jedoch öfter als auf Sekundarstufe II. Weiter kommt die Befragung zum Schluss, dass Volksschulen häufiger mit physischer Gewalt und Vandalismus konfrontiert sind, währenddessen Lehrpersonen auf der Sekundarstufe II oft psychische Gewalt und selbstverletzendes Verhalten beobachten.
Oder anders gesagt: In der Volksschule kommt es der Studie zufolge eher zu Schlägereien auf dem Pausenplatz, in den Mittelschulen drehen sich die Probleme der Schülerinnen und Schüler häufiger um Mobbing im Internet, Folgen sind Magersucht oder das sogenannte Ritzen.
Wunsch nach zusätzlicher Unterstützung
Schulen und Mitarbeitende stossen aufgrund dieser Vorfälle an ihre Belastungsgrenzen. Dem Lehrpersonal mangelt es einerseits an Ressourcen, weil sie durch den schulischen Alltag bereits stark ausgelastet sind. Und andererseits wünschen sie sich auch einen einfacheren Zugang zur Hilfe. Viele interne und externe Unterstützungsprogramme seien zwar bekannt, so die Studie, trotzdem fehle es an flexiblen Beratungsangeboten.
Die Studie rät deshalb, gleich an mehreren Orten Massnahmen zu ergreifen, um die Hilfe für Lehrpersonen und Jugendliche an Zürcher Schulen zu verbessern:
- Unterstützungsangebote sollen schnell und niederschwellig erreichbar sein: Die Angebote bei der Gewaltprävention sind teilweise vorhanden, oft aber ausgebucht. Die Hilfe komme oft sehr spät. Es brauche daher mehr Personal und bessere Strukturen beim Schulsozialdienst.
- Das Klima beeinflusst die Stimmung: Für ein positives Schulklima ist die psychische Gesundheit zentral. Diese soll bei Schülerinnen und Lehrern gestärkt werden. Wie dies geschieht, sollen Leitbilder und Konzepte definieren.
- Überprüfung der Massnahmen: Bewährte und neue Präventionsangebote müssen nicht nur überprüft, sondern an den Schulen noch bekannter gemacht werden. Fachkräfte sollten betroffene Schulen zudem bei der Umsetzung der Angebote unterstützen.
Der Kanton Zürich hat nun erste Massnahmen beschlossen. Und zwar führt er als erster Deutschschweizer Kanton an den Gymnasien den Schulsozialdienst ein. Ab diesem Sommer werde ein entsprechendes Angebot an sieben Gymnasien zur Verfügung stehen, sagt Niklaus Schatzmann, der Chef des Zürcher Mittelschul- und Berufsbildungsamts – in der Stadt Zürich zum Beispiel am Realgymnasium Rämibühl oder an der Kanti Zürich Nord.
Der Schulsozialdienst hilft den Kindern und Jugendlichen bei der Lösung ihrer Probleme. Und andererseits ist er auch Anlaufstelle für Lehrpersonen. Für die ersten sieben Gymnasien seien 500 Stellen-Prozent bewilligt worden, so Schatzmann weiter. Kosten werde der Versuch, der 2.5 Jahre lang dauert, rund 2 Millionen Franken.
Ziel ist es, dass die kantonalen Mittelschulen aber schon 2024 über eine flächendeckende Schulsozialarbeit verfügen – wie dies im Volksschulbereich bereits der Fall ist. Fest steht aber auch, dass die Bildungsdirektion weitere Massnahmen gegen psychische Gewalt und Mobbing an Schulen prüft. Dafür wurde eigens eine Projektgruppe gebildet.