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Pyrolysetechnik Basler Firma entwickelt Heizung gegen den Klimawandel

Die klimapositive Heizung belastet das Klima nicht mit schädlichen Emissionen, sondern entzieht der Atmosphäre CO₂. Ein erstes Modell wird in einem Haus in Biel getestet.

Fridolin Königsberger hat eine Handvoll Kohle und freut sich: Zum ersten Mal hat er Pflanzenkohle aus der neuen Pyrolyse-Heizung in einem Haus in Biel BE geerntet. «Ein halber Winter brachte knapp eine Tonne Pflanzenkohle», sagt er und rechnet. «Das entspricht etwa 2.7 Tonnen CO₂, die wir in der Kohle binden konnten.»

Wäre das Haus statt mit Pyrolysetechnologie mit Öl beheizt worden, wäre es umgekehrt gewesen. «Dann hätte diese das Klima in derselben Zeit mit etwa 2.7 Tonnen CO₂ belastet.»

Mann im Garten, lacht fröhlich.
Legende: «Es hat gut funktioniert», freut sich Fridolin Königsberger der Firma Pyronet. Soeben hat er zum ersten Mal Pflanzenkohle aus der Pyrolyseheizung im Haus in Biel geerntet. SRF

Königsberger ist Geschäftsführer der Basler Firma Pyronet. Diese entwickelt eine Heizung, die kein klimaschädliches CO₂ in die Atmosphäre abgibt, sondern ihr im Gegenteil solches entzieht. Eine erste Anlage wurde in das Haus in Biel eingebaut, in dessen Garten Königsberger nun steht.

Anteil Ausstoss Treibhausgase

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Bis 2050 muss die Schweiz das Netto-Null-Ziel erreichen. Dafür ist es wichtig, auch bei den Gebäuden darauf zu achten, dass sie klimafreundlicher werden. Fast ein Viertel der Treibhausgase fallen laut Bundesamt für Umwelt (BAFU) nämlich bei den Gebäuden an. Will man sich da verbessern, müssen einerseits Gebäude gedämmt und bessere Fenster eingebaut werden. Ein wichtiger Punkt ist allerdings auch das Heizen.

Dass man mit besseren Gebäuden viel erreichen kann, ist bereits klar. «Die grösste Reduktion im Inland erzielte bis 2022 der Sektor Gebäude», schreibt das BAFU auf seiner Webseite.

Der höchste Anteil klimaschädlicher Emissionen fällt in der Schweiz beim Verkehr an. Er ist für 33 Prozent der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich. Der internationaler Flug- und Schiffsverkehr ist dabei nicht mit eingerechnet.

Die Heizung, die der Schweiz helfen könnte, ihre Klimaziele zu erreichen, ist eine sogenannte Pyrolyseheizung. Pyrolyse ist ein Verfahren, mit dem man organisches Material wie Holz zu Pflanzenkohle verarbeitet.

«Der Kohlenstoff, den die Bäume beim Wachsen aus der Atmosphäre aufgenommen haben, wird dabei nicht vollständig an die Atmosphäre zurückgegeben», erklärt Königsberger. «Man fixiert den Kohlenstoff in einem Feststoff, eben der Pflanzenkohle.» So wird das schädliche CO₂ sozusagen im Holz eingeschlossen und geht nicht in die Atmosphäre zurück.

Pyrolyse: kein Verbrennen, kaum CO2

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Beim Prozess der Pyrolyse wird Holz bei hoher Hitze zersetzt (400 bis 800 Grad). Sauerstoff kommt nicht hinzu: Das Holz verbrennt also nicht, sondern zerfällt in seine Grundstoffe. Dabei entsteht neben Pflanzenkohle ein Produktgas. Dieses Produktgas kann anschliessend in Strom und Wärme umgewandelt werden.

Würde das Holz verbrannt, würde es das CO₂ wieder abgeben, welches die Bäume im Laufe ihres Lebens aufgenommen hatten. Wird es pyrolisiert, bleibt ein Teil des Kohlenstoffs in der Pflanzenkohle und geht nicht zurück in die Atmosphäre.

Fridolin Königsberger hat zusammen mit seinem Geschäftspartner Stephan Gutzwiller deshalb einen Prototyp einer Pyrolyseheizung erstellt. Damit gingen sie zur Hochschule für Technik der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). Zusammen wollen sie die Heizung weiter entwickeln.

Potenzial bei der Pyrolyseheizung sieht auch der Bund. Durch sein Innovationsförderprogramm «Innosuisse» unterstützt er die Forschung von Pyronet und der FHNW mit 350'000 Franken. Auch dank dieser Unterstützung steht in Biel seit Sommer 2024 die erste Pyrolyseheizung im Keller eines Wohnhauses. Die Technik an sich gibt es schon, allerdings nur im Grossformat – also bei Industrieanlagen. Für Wohnhäuser ist sie aber neu. Und deshalb braucht es noch Forschung.

Gefahr von Explosionen

Eine solche Heizung birgt nämlich auch Gefahren. Das Gas, das durch den Prozess entsteht, muss verbrannt werden. «Wenn das Gas nicht zündet, sondern stets mehr Gas entsteht, kann das zu Verpuffungen, also zu Mini-Explosionen, führen», erklärt Joris Strassburg von der FHNW. «Die Herausforderung ist also, dass das Gas stets sauber verbrennt und sich nicht akkumuliert.»

Experte Hans-Peter Schmidt: «Das ist eine sehr gute Technologie»

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Hans-Peter Schmidt ist einer der führenden Experten bezüglich Pyrolyse. Für das Bundesamt für Umwelt machte er Studien zum Thema.

SRF: Hans-Peter Schmidt, klimapositiv heizen mit Pyrolyse – das hört sich in Zeiten des Kampfs gegen den Klimawandel sehr gut an. Sorgt die Pyrolyse tatsächlich für weniger CO₂in der Atmosphäre? Oder ist das eine zu positive Rechnung?

Hans-Peter Schmidt: Ja, diese Technik ist tatsächlich klimapositiv. Am Ende ist weniger CO₂ in der Luft, als wenn man das Holz in einer traditionellen Heizung komplett verbrannt hätte.

SRF: Die Schweiz muss klimaneutral werden. Könnten solche Heizungen den Durchbruch bringen?

Hans-Peter Schmidt: Das wäre zu viel erwartet. Wir haben schlicht nicht genügend Holz, um alle Wohnungen so zu beheizen. Zwar könnte man, je nach Pyrolyseheizung, auch andere organische Materialien wie Laub, Pferdemist oder sogar Zigarettenstummel nehmen. Aber auch damit wäre zu wenig Material für alle Häuser vorhanden.

SRF: Welches Potenzial sehen Sie denn bei der Pyrolyseheizung?

Hans-Peter Schmidt: Pyrolyse ist eine sehr gute, sehr sichere und wirtschaftliche Klimatechnologie. Pyrolyseheizungen alleine können den Klimawandel zwar nicht stoppen. Aber sie können dennoch einen merklichen Beitrag dazu leisten.

Zurück zum Haus in Biel. Die ersten Resultate lassen Königsberger und Gutzwiller hoffen, dass ihre Pyrolyseheizung funktioniert – und das freut sie beiden sehr. Königsberger: «Weil wir etwas gegen den Klimawandel tun wollen. Das ist unsere Motivation.»

Regionaljournal Basel, 22.02.2025, 17:30 Uhr ; 

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