Es gibt in der Werbung den Begriff «Guerilla-Marketing»: Mit unkonventionellen, oft sogar illegalen Aktionen möglichst viel Aufmerksamkeit erreichen. Solches Vorgehen hat sich schon lange auch in der Politik etabliert. Jüngst haben Klimaaktivisten Guerilla-Aktionen für sich entdeckt, besetzen eine Schalterhalle der Credit Suisse zum Tennisspielen oder blockieren Strassen, bis die Polizei jeden einzelnen wegtragen muss. So weit, so knallig. Die mediale Aufmerksamkeit gibt’s gratis.
Rabatt nur für Frauen
Was bei der ausserparlamentarischen Opposition halbwegs akzeptiert ist, finden nun auch städtische Parlamentarierinnen und Parlamentarier Genf eine coole Sache: Sich nicht um Gesetze oder gar Verfassung zu scheren – Guerilla-Politik.
«Diese Regelung ist klar verfassungswidrig», sagt der Freiburger Staatsrechtler Bernhard Waldmann zu einer Motion, die das Genfer Stadtparlament am Mittwoch an die Regierung überwiesen hat. Der Vorstoss verlangt, dass Genferinnen künftig günstiger in städtische Einrichtungen wie Schwimmbäder oder Museen rein dürfen. Es soll einen Rabatt von 20 Prozent nur für Frauen geben. Männer, egal ob reich oder arm, sollen den vollen Preis bezahlen, Frauen nicht.
Die Geschlechterdiskriminierung begründen die vornehmlich links-grünen Politiker und Politikerinnen damit, dass es auch bei den Löhnen Diskriminierung zwischen Frauen und Männern gebe. Und zwar eben 20 Prozent. Mit dem Frauenrabatt wollten sie auf diesen Lohnunterschied aufmerksam machen, denn da bewege sich zu wenig. Es sei eine symbolische und auch provokative Massnahme.
Ein Gesetzgeber, der Gesetze als Provokation zu symbolischen Zwecken erlässt?
Lohnunterschied von acht Prozent
Nicht nur die Überweisung eines geschlechterdiskriminierenden Vorstosses irritiert. Die Begründung tut es genauso: Den Parlamentarierinnen und Parlamentariern in Genf dürfte bewusst sein, dass es eine Lohndiskriminierung von 20 Prozent zwischen den Geschlechtern in der Schweiz nicht gibt.
Die offiziellen Zahlen des Bundesamtes für Statistik zeigen in der Lohnstrukturerhebung 2018 einen unerklärbaren Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern von knapp acht Prozent – nicht 20 Prozent. Und unerklärbar heisst auch nicht, dass dieser Lohnunterschied mit diskriminierender Absicht von Firmen installiert worden wäre, sondern einfach, dass es unklar ist, wie er zustande kommt.
In diesen acht Prozent nicht enthalten ist zum Beispiel, wie lange jemand tatsächlich in einem Beruf tätig ist. Und dass sich das auf unterschiedliche Löhne auswirken kann, ist unbestritten.
Guerilla statt Lösung
Um diese Fakten foutiert sich das Genfer Stadtparlament. Es foutiert sich auch um das Diskriminierungsverbot in der Verfassung. Das macht den Vorstoss zu einer Krawall-Motion, die drauflos drischt, statt genau hinzuschauen. Guerilla statt Lösung. Richtig stossend ist, dass nun der Staat Menschen mit Absicht diskriminieren soll. Kann das ein Parlament wirklich wollen? Und wie viel Rabatt erhalten Transmenschen?
Vielleicht ist das humorlos, aber von einem Parlament sollte man erwarten dürfen, dass es sich neben aller Ideologie doch noch auf Rechtsstaatlichkeit stützt.