- Rund 40 Prozent der 130 dschihadistisch radikalisierten Personen in der Schweiz beziehen Fürsorgeleistungen.
- Dies zeigen aktualisierte und erweiterte Daten zur 2015 durchgeführten ZHAW-Studie «Hintergründe dschihadistischer Radikalisierung in der Schweiz».
- Datengrundlage bildet eine quantitative Analyse mit Informationen vom Nachrichtendienst des Bundes sowie Interviews mit verschiedenen Akteuren.
Dschihadistische Radikalisierung betrifft in der Schweiz mehrheitlich junge Männer aus der Agglomeration mit tendenziell niedrigem Bildungsstand und geringer Arbeitsintegration.
Einige von ihnen sind zudem mit sozialen und psychischen Problemen konfrontiert und hatten bereits vor ihrer Radikalisierung einen kriminellen Hintergrund.
Genf, Wallis, Waadt sind stärker betroffen
Aufgrund der Entwicklung des «Islamischen Staates» (IS) seit Mitte 2016 hat die Anzahl dschihadistisch motivierter Ausreisen gemäss ZHAW «stark abgenommen». Dieser global zu beobachtende Trend lasse sich auch auf die Schweiz übertragen.
Die Gefahr, die von radikalisierten Personen ausgehe, ohne zwingend eine Ausreise anzustreben, bleibe jedoch in europäischen Staaten einschliesslich der Schweiz bestehen.
Bei der geografischen Verteilung der dschihadistischen Radikalisierung ortet die Studie regionale Unterschiede. So ist etwa die Region Genf, Wallis und Waadt stärker betroffen als die übrige Schweiz.
Besondere Anforderungen an Strafvollzug
Der Dschihadismus hat auch Folgen für die Gefängnisse: Der Strafvollzug muss sich laut der Studie «den Herausforderungen von dschihadistisch radikalisierten Insassen stellen» – auch wenn dies wenige sind.
Die Studie schlägt beispielsweise vor, das Strafvollzugspersonal gezielt weitergebildet wird, damit es über genügend «Hintergrundwissen und Handlungskompetenzen für einen aufmerksamen, professionellen Umgang mit radikalisierten Personen» verfüge.
Da diese Weiterbildung aufwändig ist, schlägt die ZHAW vor, schweizweit zwei bis drei Strafvollzugsanstalten zu Kompetenzzentren aufzubauen mit dem Schwerpunkt auf dschihadistisch radikalisierten Insassen.
Muslimische Seelsorger sollen helfen
Eine wichtige Rolle spielen laut der Studie die muslimischen Seelsorger. Erstens bei der Prävention und zweitens als Unterstützer für das Gefängnispersonal. Insbesondere bei Fragen, welche zu religiösen Praktiken auftauchen; aber auch bei arabischen Floskeln und bei der Beurteilung von bestimmten Büchern und Autoren.