Die Fronten beim Lohnschutz sind verhärtet wie noch nie zuvor. Die Gewerkschaften wollen nicht mehr verhandeln und der Bundesrat spricht von Vertrauensbruch. Damit sei das Rahmenabkommen mit der EU so gut wie tot, dachte man am Mittwoch. Denn die EU verlangt für ein solches Abkommen Schweizer Zugeständnisse beim Lohnschutz.
Doch die Europarechtsprofessorin der Uni Freiburg, Astrid Epiney, sieht dies anders.
SRF News: Wie sehen Sie die aktuelle Situation?
Astrid Epiney: Das Rahmenabkommen würde eine Verrechtlichung der Beziehungen Schweiz EU bringen. Dies ist gerade auch der Schweiz als kleineren Partnerin nützlich.
Ich bin grundsätzlich zuversichtlich, weil ich denke, dass das Interesse der Schweiz an stabilen Beziehungen zur Europäischen Union einfach zu gross ist.
Ohne Rahmenabkommen ist es der Schweiz nicht möglich, sich gegen mögliche unfreundliche Massnahmen der Union rechtlich zu wehren. Und dass sie unerfreulich sein können, das haben wir ja in der Vergangenheit durchaus gesehen. Die Börsenanerkennung ist ein Stichwort. Insofern könnte das grosse Interesse der Schweiz an einem Rahmenabkommen durchaus dazu führen, dass sich die beteiligten Akteure noch einmal zusammensetzen und eine Lösung finden.
Im Moment scheinen die Fronten in der Schweiz aber verhärtet zu sein. Wie soll es im bilateralen Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU weitergehen?
Ich hoffe, dass alle beteiligten Akteure – zu diesen gehören nicht nur der Bundesrat und die Gewerkschaften, sondern auch die verschiedenen Parteien, die Wirtschaftsverbände und auch Nichtregierungsorganisationen – die Diskussion im Herbst oder Ende Sommer ein bisschen versachlichen. Dann kann man nochmals auf die Probleme zu sprechen kommen und die Vor- und Nachteile eines Scheiterns der Verhandlungen wirklich abwägen.
Das hoffen Sie. Sind Sie auch zuversichtlich?
Ich bin grundsätzlich zuversichtlich, weil ich denke, dass das Interesse der Schweiz an stabilen Beziehungen zur Europäischen Union einfach zu gross ist. Rein wirtschaftlich hängt sehr viel an der Weiterentwicklung des bilateralen Weges.
Das Gespräch führte Max Akermann