Es ist weder ein klares Ja noch ein klares Nein. Der Bundesrat will das Rahmenabkommen innenpolitisch zur Diskussion stellen. Die CVP und FDP begrüssen eine breite Diskussion.
Der Freisinn will den Text nun auf Herz und Nieren prüfen. Mit dem Entscheid zum weiteren Vorgehen in der Europapolitik mache der Bundesrat den Weg frei für eine fundierte und breite Diskussion über die Zukunft des bilateralen Weges, schreibt die FDP.
In Kenntnis des Verhandlungsergebnisses müsse nun über die Vor- und Nachteile eines Rahmenabkommens diskutieren werden. Allerdings seien die entsprechenden Konsequenzen noch unklar, sagt FDP-Präsidentin Petra Gössi.
Eine konstruktive Diskussion wünscht sich auch die CVP. Der Bundesrat müsse nun klar kommunizieren, bei welchen Punkten überhaupt Diskussionsspielraum mit der EU bestehe, fordert die Partei. Nur so könne die innenpolitische Debatte zielorientiert geführt werden. Die Sozialpartner sollen nun zu einer mehrheitsfähigen Lösung beitragen.
Kein Spielraum beim Lohnschutz
Die SP bezeichnete den Bundesratsentscheid als logisch. Im Entwurf seien diverse rote Linien überschritten worden. Die Landesregierung müsse nun eine Vorlage bringen, die den Lohnschutz garantiere. Damit habe sich die Haltung der Partei nicht geändert, erklärte Präsident Christian Levrat laut einem Communiqué.
Die SP sei immer für das Rahmenabkommen gewesen und erhoffe sich eine Stabilisierung der Beziehungen zur EU – aber mit Lohnschutz und anständigen Arbeitsbedingungen. Wenn sich der Bundesrat hinter diese Forderung stelle, habe er die Zustimmung der SP.
Die flankierenden Massnahmen und die bilateralen Verträge bildeten ein Paar, teilte die SP weiter mit. In seiner aktuellen Form würde das Rahmenabkommen darum nie eine Mehrheit finden, weder im Parlament noch beim Volk.
Klare Absage der SVP
Für die SVP hätte der Bundesrat das Rahmenabkommen mit der EU eigentlich auch gleich ablehnen können. Der Bundesrat sei führungsschwach, weil er nicht den Mut gehabt habe, gegenüber der EU Klartext zu reden und einzugestehen, dass ein solches Abkommen innenpolitisch keine Chance habe.
Dieser Vertrag ist ungenügend, wir müssen den so ablehnen.
Präsident Albert Rösti bezeichnet den Bundesrat als «führungsschwach». Das Abkommen beinhalte nach wie vor eine automatische Rechtsanpassung, berücksichtige den europäischen Gerichtshof und auch Sanktionen bei Nichtbeachtung. Zudem müsste die Schweiz die Unionsbürgerrichtlinie beachten, der Lohnschutz sei nicht gewährt und die unsägliche Guillotineklausel sei nach wie vor drin, kritisierte Rösti.
Aufatmen bei der Wirtschaft
Die Wirtschaftsverbände hoffen, dass die offenen Streitpunkte in der Vernehmlassung ausgeräumt werden und am Ende ein Abkommen zustande kommt. Der Marktzugang zur grössten Handelspartnerin der Schweiz müsse gesichert und die Rechtssicherheit zwischen der Schweiz und der EU verbessert werden, schreibt der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse.
Gewerkschaften drohen mit Referendum
Der Lohnschutz ist für die Gewerkschaften unverhandelbar. Die rote Linie sei von der Verhandlungsdelegation durchbrochen worden und das Rahmenabkommen damit chancenlos, sagt der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB).
Konkret stört uns daran, dass die Verhandlungsdelegation den Lohnschutz geopfert hat.
Letzten Endes würde der Europäische Gerichtshof (EuGH) über Schweizer Löhne entscheiden. Und dieser habe gerade eben mit einem Urteil gegen österreichische Lohnschutzbestimmungen einmal mehr gezeigt, dass er Arbeitgeberinteressen und den Zugang zum Binnenmarkt über jene der Arbeitnehmenden stelle. Der SGB will das Abkommen konsequent bekämpfen, notfalls mit dem Referendum.