Wenn von Raubkunst die Rede ist, denken viele an Kunstwerke, welche die Nazis der jüdischen Bevölkerung gestohlen haben. Raubkunst gibt es aber schon viel länger. Ein beinahe beispielloser Akt fand 1897 im kleinen westafrikanischen Königreich Benin statt, das im heutigen Nigeria liegt.
Damals plünderten britische Truppen das Königreich, schleiften den Palast und hinterliessen ein wirtschaftlich, kulturell und politisch zerstörtes Land. Der Blitzkrieg ging als «Britische Strafexpedition Benin» in die Geschichtsbücher ein.
Um die Kriegskosten zu decken, raubten die Briten den Königspalast komplett aus und brachten rund 4'000 Kunstgegenstände nach Europa. Auf mehreren Auktionen wurden die kostbaren Stücke in alle grossen Museen Europas verkauft, davon etwa 100 in die Schweiz.
In Europa brach ein eigentlicher «Benin Hype» aus. Fritz Sarasin, der damalige Präsident der Kommission des Museums der Kulturen in Basel schrieb 1899 im Jahresbericht: «Dieses Jahr stand bei allen ethnologischen Museen im Zeichen Benins. Die Kriegsbeute wurde auf den Markt geworfen. Wir hielten es für unsere Pflicht, Proben davon für unser Haus zu sichern.» So kam es, dass das Basler Museum der Kulturen 20 Kunstobjekte erstand.
Die Kunstwerke aus Benin lösten in Europa einen Schock aus. Nie hätte man gedacht, dass die Afrikaner zu solchen Arbeiten fähig sein würden.
Anna Schmid, die heutige Direktorin des Museums der Kulturen, sagt: «Die Kunstwerke aus Benin lösten in Europa einen Schock aus.» Einen Schock deshalb, weil sie von einer Handwerkskunst zeugten, welche die Europäer den Afrikanern nie zugetraut hätten. Ein britischer Konsul schrieb damals über Benin: «Es herrscht eine unglaubliche Barbarei hier, und es stinkt überall nach Tod.» Doch wie passte diese Berichterstattung zu den Preziosen, welche die Briten in grosser Menge nach Europa brachten?
In Schweizer Museen, von Neuenburg über Basel, Zürich bis nach St. Gallen, lagern bis heute etwa 100 Benin-Objekte, von denen ein grosser Teil bei der britischen Strafexpedition gestohlen wurde. Wie sie von Afrika nach Europa und in die Schweiz gelangten, ist meist belegt.
Aber: Wer waren die Händler in der Schweiz? Wer finanzierte die Ankäufe für die Museen? Wie kam es, dass beispielsweise ein Händler aus Laufen im Kanton Baselland einen prächtig verzierten Elefantenzahn verkaufen konnte?
Diesen Fragen wollen die Schweizer Museen in einer gemeinsamen Aktion nachgehen. «Es ist völlig offen, wohin das führt,» sagt Anna Schmid, die Direktorin des Basler Museums der Kulturen. Ob die geraubten Kunstwerke eines Tages an Nigeria zurückgegeben werden oder nicht, sei zweitrangig. «Wichtig ist, dass wir herausfinden, was genau in der Schweiz rund um diese Kunstobjekte passiert ist.»
Die Geschichte der britischen Strafexpedition gegen Benin
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Benin war im 19. Jahrhundert ein kleines aber verhältnismässig reiches Königreich. Lange vor den Briten trieb es bereits Handel mit den Portugiesen: Elfenbein, Palmöl, Kupfer oder Sklaven.
Schliesslich wurden die Portugiesen durch die Briten abgelöst. Diese erkannten schnell den Reichtum Benins und schlossen mit dem König von Benin einen Handelsvertrag ab. Er verpflichtete sich, den Sklavenhandel und die Menschenopfer zugunsten der beninischen Gottheiten einzustellen und den Briten Zugang zu Palmöl und Kupfer zu gewähren.
Bald schon erkannte der König aber, dass die Briten sein Reich in das britische Empire integrieren wollten. Er rebellierte und verlangte von den Briten einen Wegzoll, wenn sie die Rohstoffe abtransportierten. Das passte den Briten gar nicht. Das Fass zum Überlaufen brachte, als Kämpfer Benins britische Plünderer töteten.
Die britische Krone ordnete daraufhin eine Strafaktion gegen Benin an. 1897 stiess die britische Truppe mit 1'200 Mann - darunter sehr viele afrikanische Söldner - gegen Benin-City vor. Die Verteidiger des Königs hatten mit ihren Macheten und Speeren keine Chance gegen die Gewehre und Kanonen der Briten.
Als die britischen Truppen Benin-City erobert hatten, plünderten, brandschatzten und töten sie viele Einwohner des Königreichs. Der Oba (König) selber wurde ins Exil vertrieben. Benin hörte nach 450 Jahren Unabhängigkeit auf zu existieren.
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