Was wäre wenn? Was wäre bei einem atomaren Ereignis? Diese Frage stellte sich in den letzten Jahrzehnten wohl kaum jemand. In welchen Luftschutzbunker die Familie im Ernstfall muss und ob Jodtabletten im Haushalt vorhanden sind, waren für Herrn und Frau Schweizer so gut wie kein Thema. Die jüngsten Ereignisse in der Ukraine haben dies geändert.
Bevölkerung und Gemeinden haben Fragen
Das Informationsbedürfnis der Bevölkerung ist gestiegen. In den letzten Tagen habe es auffallend viele Anfragen wegen Jodtabletten gegeben, sagt etwa Lydia Isler-Christ. So etwas habe es seit Jahren nicht mehr gegeben, meint die Präsidentin des baselstädtischen Apothekerverbandes. Die Leute hätten Fragen dazu, wo man Tabletten erhalte oder wie diese konkret einzunehmen seien.
Basel ist kein Einzelfall. In der ganzen Schweiz erkunden sich viele Menschen bei den Behörden. Das bestätigt Diego Ochsner. Er ist im Kanton Solothurn Leiter des Amts für Militär und Bevölkerungsschutz und Präsident der Konferenz der Kantonalen Verantwortlichen für Armee, Bevölkerungsschutz und Zivilschutz.
«Das Thema ist mittlerweile in allen Kantonen angekommen, das Informationsbedürfnis ist deutlich spürbar», so Ochsner. Es gebe viele Anrufe aus der Bevölkerung oder von Gemeinden. Gefragt werde etwa, wo man Jodtabletten erhält. «Diese sollte eigentlich jeder zu Hause haben. Man kann sie aber auch bei der Gemeinde oder mit einem entsprechenden Gutschein in der Apotheke abholen.»
Die Frage nach dem Schutzraum
Noch häufiger als nach Jodtabletten wird nach dem Schutzraum gefragt. Zivilschutzregionen wie beispielsweise jene im Aargauer Zurzibiet haben auf der Homepage ein Formular aufgeschaltet. Damit können Personen aus der Region Name und Adresse eingeben und erhalten die Information zu ihrer Zivilschutzanlage oder dem Schutzkeller per E-Mail zugesandt.
Im Kanton Solothurn macht man das nicht. Der Grund: Die Information sei schnell nicht mehr aktuell: «Wenn Personen innerhalb der Gemeinde umziehen, kann sich auch die Zuteilung verändern. Wenn wir diese ausdrucken würden, wäre sie im Moment des Druckens schon wieder veraltet», erklärt der Solothurner Amtschef Diego Ochsner. Darum habe auch das gelbe Schild in jedem Haus mit der Angabe des Schutzraums ausgedient.
Informationen erst im Notfall
Erst im Fall des Falles wird die Zuteilung bekannt gegeben, und zwar an den Notfalltreffpunkten. Diese hat der Kanton seit gut zwei Jahren in allen Gemeinden eingeführt. Sie werden bei Bedarf in Betrieb genommen.
Auch zum Beispiel in den Kantonen Bern oder Basel-Stadt verfährt man ähnlich. Die Standorte der Schutzplätze werden erst im Notfall bekannt gegeben. Oft befänden sich Zivilschutzanlagen in privaten Gebäuden und könnten nicht einfach so aufgesucht werden, heisst es etwa vom Basler Justiz- und Sicherheitsdepartement. Auf Anordnung des Bundes würden sie innerhalb von fünf Tagen bereitgestellt.
Keine besonderen Vorkehrungen nötig
Auch wenn das Informationsbedürfnis in der Schweiz steige, gebe es in der aktuellen Situation keinen Grund zur Beunruhigung. «Wir beobachten die Situation laufend. Spezielle Vorkehrungen sind aber derzeit nicht nötig.» Das meint sowohl Ochsner wie auch Verteidigungsministerin Viola Amherd.
Die Bundesrätin sagte am Dienstag im Westschweizer Fernsehen RTS, sie gehe nicht davon aus, dass Russland Atomwaffen einsetze. Die Schweiz wäre aber gut vorbereitet: «Wir haben Atomschutzräume in den Kantonen und Gemeinden. Und wir haben immer einen Vorrat an Jodtabletten.»