Zum Inhalt springen

Rebbau in der Zentralschweiz Weinregion Luzern – dank umstrittener Sorten zum Erfolg

Der Luzerner Weinbau hat seine Rebflächen in 40 Jahren verzehnfacht – dank höherer Temperaturen und neuerer Sorten.

Bei der Frage nach Schweizer Weinanbaugebieten wird der Kanton Luzern wohl eher selten genannt. Und doch ist der Zentralschweizer Kanton anderen Regionen in einem Aspekt weit voraus: Sogenannte Piwi-Sorten sind hier weit verbreitet. Das sind Rebsorten, die weniger Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln gegen Mehltaupilze benötigen. Piwi steht für pilzwiderständig.

Wachstum seit der Jahrtausendwende

Die pilzwiderständigen Rebsorten tragen Namen wie Solaris, Divico, Cabernet Blanc oder Souvignier gris. Im Kanton Luzern stieg der Anteil dieser Sorten in den letzten rund 30 Jahren stetig an. Unterdessen machen sie bereits 42 Prozent der Anbaufläche aus – schweizweit sind es bloss 3.5 Prozent.

Mitten im Rebberg mit Blick hinauf zum Schloss Heidegg
Legende: Auf dem Weingut Heidegg am Hang des gleichnamigen Schlosses in Gelfingen LU wachsen mittlerweile auf acht Hektar verschiedene Rebsorten. Keystone/Urs Flüeler

Eine Entwicklung, die sich noch vor wenigen Jahrzehnten nicht abzeichnete: Bis Anfang der 2000er-Jahre hatten die Weine und auch die Weinregion Luzern ein mässiges Image. «Wein aus dem Kanton Luzern? Viele wissen gar nicht, dass es ihn gibt», titelte eine regionale Zeitung 1994.

Das änderte sich wenige Jahre später; um die Jahrtausendwende stieg die Wachstumskurve steil nach oben. Mittlerweile werden im Kanton Luzern auf rund 100 Hektar Weintrauben angebaut. In den 1980er-Jahren waren es noch gut 10 Hektar.

Klimawandel als Beschleuniger

Der Erfolg der Weinregion Luzern habe auch mit dem Klimawandel zu tun, sagt Beat Felder, der seit fast 40 Jahren die Zentralschweizer Winzerinnen und Winzer berät. «Dank des Wärmeschubs im letzten Jahrhundert können wir Wein machen, der immer besser wird.»

Neue Schädlinge und Trockenheit lassen nur bestimmte Sorten zu.
Autor: Beat Felder Winzer-Berater

Auf der anderen Seite bringen die steigenden Temperaturen auch Nachteile. «Neue Schädlinge und Trockenheit lassen nur bestimmte Sorten zu», so Felder. Dazu gehören unter anderem eben die Piwi-Sorten.

Eine Winzerin, die sich diesen Trauben verschrieben hat, ist Nora Breitschmid vom Bioweingut Sitenrain in Meggen. «Meine Eltern bauten den Betrieb vor 20 Jahren auf», erzählt die 35-Jährige, die den Betrieb heute führt. «Schon von Anfang an war für sie klar, dass sie das Weingut als Biobetrieb führen wollen. Sie entschlossen sich für Piwi-Sorten», erzählt Nora Breitschmid von den Anfängen. «Weil sie als Quereinsteiger offen waren für Neues – wohl aber auch mit einer Portion Naivität».

Geschmack der Piwi-Sorten polarisiert

Ihre Eltern hätten einfach den Tipps der Berater des Kantons Luzern vertraut, sagt Nora Breitschmid. Erst später sei dann klar geworden, dass die Meinungen bei den Produzentinnen und Produzenten zu Piwi-Sorten auseinandergehen.

Die Breitschmids indes änderten nichts an ihrer Strategie: Die Sorten würden sehr gut zum Klima rund um den Pilatus passen, wo es mehr regne als in anderen Weinbaugebieten. Die Vermarktung sei aber aufwendig, so Nora Breitschmid. Die Sorten seien weniger etabliert.

Chancen mit neuer Kundschaft

Dass sich die (Geschmacks-)Geister scheiden, bestätigt auch Weinkenner Markus Matzner. Er ist Chefredaktor der Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau. «Die Piwi-Sorten unterscheiden sich in Geschmack und Geruch von den traditionellen europäischen Weinen –, und das behagt einem Teil der sogenannten Weinkenner nicht.»

Für Betriebe mit Piwi-Sorten sei es daher wichtig, sich eine neue Kundschaft zu erschliessen. «Junge Leute, die offen sind für neue Geschmacksrichtungen», sagt Markus Matzner. Gerade in urbanen Gebieten sei die Chance gross, dass man diese Kundschaft finde und damit Junge für Wein begeistern könne.

Regionaljournal Zentralschweiz, 7.3.2025, 17:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel