Zum Inhalt springen

Weniger Pflanzenschutzmittel Neue, robuste Rebsorten sorgen für Skepsis in der Weinbranche

Mit neuen Rebsorten könnte der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln massiv reduziert werden. Doch es gibt Widerstand.

Der Kanton Wallis ist der grösste Weinproduzent der Schweiz: Knapp 4700 Hektaren werden hier bewirtschaftet – rund ein Drittel der gesamten Schweizer Rebfläche.

In Leytron, einem Weindorf zwischen Sitten und Martigny, befindet sich die Walliser Staatskellerei, die «Domaine du Grand Brûlé». Hier werden über zwanzig Rebsorten gepflanzt, darunter einheimische Sorten wie Petite Arvine oder Cornalin.

Auf dem Weingut betreibt der Kanton aber auch eine Versuchsstation für Weinbau und Önologie. Es geht darum, die langfristigen Herausforderungen der Weinbaubranche zu meistern – und dazu gehört auch die Reduzierung der Pflanzenschutzmittel.

Reben, Berge im HIntergrund
Legende: Die «Domaine du Grand Brûlé»: In Leytron betreibt der Kanton Wallis seine Staatskellerei. Kanton Wallis

Ein Teil der Lösung, der vielversprechend ist: krankheitsresistente Rebsorten. Sie lassen sich besonders umweltschonend anbauen. Gemeinsam mit dem landwirtschaftlichen Forschungszentrum Agroscope hat der Kanton Wallis ein neues Programm lanciert.

Winzerinnen und Winzer sind skeptisch

Das Ziel: neue Rebsorten züchten, die resistent gegen Pilzkrankheiten sind. Die gleichzeitig aber auch über önologische Profile verfügen, die den typischen Walliser Rebsorten ähneln – also ihnen auch im Geschmack möglichst nahe kommen.

Denn genau da liegt das Problem: Pilzresistente Rebsorten gibt es zwar schon seit einigen Jahren, doch die Winzerinnen und Winzer sind skeptisch.

«Die meisten dieser Sorten sind nicht auf die Walliser Verhältnisse abgestimmt», sagt die Walliser Chefönologin Nadine Pfenninger-Bridy. «Das heisst, die Sorten entsprechen aktuell nicht den qualitativen Kriterien, die wir für unsere Weine festgelegt haben.»

Die meisten Sorten sind nicht auf die Walliser Verhältnisse abgestimmt.
Autor: Nadine Pfenninger-Bridy Walliser Chefönologin

Wie klein der Anteil der resistenten Sorten ist, zeigt ein Blick auf die Schweizer Weinkarte. Vergangenes Jahr wurden landesweit 14'606 Hektaren Reben bewirtschaftet. Der Anteil der robusten Sorten beträgt davon lediglich 456 Hektaren. Das sind knapp drei Prozent.

Kreisdiagram, Hektaren Rebfläche mit pilzresistenten Sorten versus herkömmliche Rebsorten
Legende: Quelle: Bundesamt für Landwirtschaft BLW

Geht es nach dem Bundesamt für Landwirtschaft, dann soll sich das möglichst rasch ändern. Der Bund sieht grosses Potenzial in den pilzresistenten Rebsorten und hat deshalb ein Förderprogramm ins Leben gerufen.

Bund fördert pilzresistente Rebsorten mit Finanzhilfen

Seit Anfang dieses Jahres gibt es Finanzhilfen von bis zu 30'000 Franken pro Hektare. Beitragsberechtigt sind rund vierzig robuste Sorten.

Das Bundesamt für Landwirtschaft schreibt dazu: «Das Ziel dieser Förderung ist der vermehrte Anbau von krankheitsresistenten Rebsorten, um dadurch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren.»

Gleichzeitig arbeiten und tüfteln die Forscher an weiteren Kreuzungen, die den Bedürfnissen der Weinbranche besser entsprechen sollen.

Neue Sorten sollen wie bekannte Tropfen schmecken

«Die Winzer müssen ihren Wein verkaufen und haben ihr ganzes Marketing auf die klassischen Sorten ausgerichtet», so Christophe Carlen, Forschungsbereichsleiter bei Agroscope. «Wenn man da mit neuen Sorten kommt, die ganz andere Geschmacksrichtungen aufweisen, stösst das auf Widerstand.»

Neue, robuste Sorten, die ganz andere Geschmacksrichtungen aufweisen, stossen auf Widerstand.
Autor: Christophe Carlen Forschungsbereichsleiter bei Agroscope

Deshalb versuchen die Forscherinnen und Forscher, die Eigentümlichkeit der heimischen Sorten möglichst zu erhalten. «Unser Ziel: neue Sorten, die pilzresistent sind und trotzdem so schmecken wie ein Arvine, Heida oder Cornalin.»

Bis dieser Prozess abgeschlossen und die neuen Sorten ausgereift sind, dauert es noch bis zu zwanzig Jahren. Ganz ohne Pflanzenschutzmittel wird man im Weinbau also noch lange nicht auskommen.

Schweiz aktuell, 27.06.2023, 19:00 Uhr

Meistgelesene Artikel