Die Zahl der Elektroautos auf Schweizer Strassen wächst stetig: Inzwischen ist jedes fünfte, neu zugelassene Auto ein rein elektrisch angetriebenes Fahrzeug. Aber die Zunahme geht nicht mehr ganz so schnell vonstatten wie in der Vergangenheit.
Branchenkenner führen dies auch auf fehlende Lademöglichkeiten zu Hause zurück. Knapp 60 Prozent der Bevölkerung wohnen zur Miete. Für eine Ladestation daheim sind sie auf die Einwilligung des Vermieters angewiesen.
Recht auf Laden erneut gefordert
Der Präsident der Grünliberalen und des Verbandes Swiss E-Mobility, Jürg Grossen, stösst deshalb einen Vorschlag neu an: Vor einigen Tagen hat er einen Vorstoss lanciert für ein Recht auf Laden. Er will den Bundesrat beauftragen, «den Zugang zu Ladeinfrastrukturen auch im Mietverhältnis und im Stockwerkeigentum sicherzustellen».
Für Nationalrat Grossen ist klar: «Man braucht eine Infrastruktur, dort wo man zu Hause ist. Da gehört die Waschmaschine dazu oder der Internetanschluss. Und auch eine Ladeinfrastruktur.» Heute sei die Lademöglichkeit oft nicht gegeben, auch weil sie von den Liegenschaftsbesitzern verweigert werde.
Wer kein Wohneigentum, aber ein E-Fahrzeug hat, kämpft mit zwei Problemen: Rechtlich können Vermieter den Einbau einer Ladestation untersagen. Und wegen der Kosten überlegt sich die Mieterschaft auch zweimal, ob sie die Investition machen will, wenn sie womöglich in wenigen Jahren wieder auszieht.
Notwendig für weitere Steigerung bei E-Autos
Grossen argumentiert, um den Anteil der E-Autos weiter zu erhöhen, sei die verbindliche Regelung jetzt nötig. «Irgendwo wird ein Plafond erreicht. Die Hausbesitzer haben kein Problem, die haben sich den Wunsch nach einer Ladestation schon erfüllt. Aber in Mehrparteien-Gebäuden haben die Mietenden keine Möglichkeit, allein zu entscheiden, ob sie die Ladeinfrastruktur wollen oder nicht.»
Die Idee ist nicht ganz neu. Bereits einmal hatte Jürg Grossen einen ähnlichen Vorstoss eingereicht. Dieser wurde aber im Nationalrat nicht rechtzeitig behandelt und deshalb im Frühling abgeschrieben. Nun lanciert Grossen sein Vorhaben neu. Der Bundesrat hatte sich damals in seiner Antwort gegen ein Recht auf Laden ausgesprochen. Ladestationen würden sowieso immer öfter verfügbar sein. Neue Vorschriften seien nicht die Lösung, so die Begründung.
Hauseigentümerverband und TCS dagegen
Ähnlich tönt es auch beim Hauseigentümerverband (HEV). «Wir wollen selbstverständlich kein Bremsklotz sein, wenn es um die Entwicklung von E-Mobilität geht, aber wir sind gegen staatliche Zwänge», sagt HEV-Präsident und alt Nationalrat Hans Egloff (SVP/ZH). Er sei überzeugt, dass der Markt das Problem lösen werde. «Vor Jahrzehnten konnte man irgendwann auch keine Wohnungen mehr ohne Badewanne vermieten. Das wird hier auch passieren.»
Interessant positioniert sich auch der Touring Club Schweiz (TCS). Er ist die grösste Interessenvertretung für Mobilitätsfragen in der Schweiz. Mediensprecherin Vanessa Flack erklärt, Mieter und Mieterinnen warteten auf Lösungen. «Diese Lösungen müssen deshalb sicher sehr schnell kommen.»
Ein Recht auf Laden unterstütze der TCS allerdings nicht. Man setze auf Anreize für Eigentümer und Eigentümerinnen und ähnlich wie der HEV auf eine Lösung durch den Markt. Auch wenn es so länger dauern dürfte, bis alle E-Auto-Fahrer in einer Mietwohnung Zugang zu einer Ladestation zu Hause haben werden.