Man kann es drehen und wenden, wie man will: Der Ständerat lieferte am Mittwochvormittag ein eigenartiges Politschauspiel. Man kann sich auch fragen, ob die kleine Kammer mit der Reform der zweiten Säule überfordert ist.
Grundsätzlich besteht Konsens darüber, dass der Umwandlungssatz von 6.8 Prozent zu hoch ist und gesenkt werden muss. Weil das zu tieferen Renten führen würde, stehen Kompensationsmassnahmen zur Diskussion. Eine entscheidende Frage ist, wie hoch diese sein werden.
Der Nationalrat entschied sich im letzten Dezember eher für tiefe Kompensationsmassnahmen. Manche bezweifeln, dass diese vor dem Volk eine Chance hätten.
Kalte Füsse wegen hohen Mehrkosten
Eine FDP-SP-Mehrheit einigte sich deshalb in der vorberatenden Sozialkommission des Ständerats auf einen neuen, bedeutend grosszügigeren Vorschlag. Allerdings berechnete das zuständige Bundesamt für Sozialversicherungen erst danach, wie teuer dieser würde. Bei den 25 Milliarden Mehrkosten dürften manche Bürgerliche erschrocken sein – oder wie es SP-Ständerat Paul Rechsteiner ausdrückte, kalte Füsse bekommen haben.
So war es ausgerechnet FDP-Ständerat Joseph Dittli, der Vater des Kommissionsvorschlags, der in den letzten Tagen einen weiteren Vorschlag ausarbeitete und auch diesen am Mittwoch dem Ständerat auf den Tisch legte. Doch entspricht das nicht der Gepflogenheit.
SVP-Ständerat Hannes Germann kommentierte, dass am Tag der Debatte bei einem so komplexen Thema neue Vorschläge eingebracht würden, habe er noch nie erlebt. Tatsächlich fragt man sich, wie seriös das ist. So entschied die Mehrheit des Ständerats, die Vorlage an die Kommission zurückzuweisen.
Offensichtlich müssen hier nochmals grundsätzliche Fragen in der Kommission vordiskutiert werden. Da mutet es fast schon komisch an, dass der Präsident der vorberatenden Kommission, Mitte-Ständerat Erich Ettlin, zu Beginn der Debatte stolz festhielt, sie hätten in der Kommission 34 Berichte behandelt und er wüsste nicht, welche Fragen noch offen seien. Das war offensichtlich eine kolossale Fehleinschätzung.
Und gut möglich, dass manche bei der Rückweisung an die Kommission auch politische Hintergedanken hatten.
Überzeugungsarbeit bei Frauenrentenalter nötig
Im Herbst dieses Jahres stimmen wir über die AHV-Reform ab. Zentrales Thema: die Erhöhung des Frauenrentenalters. Da braucht es aber noch einige Überzeugungsarbeit, denn noch immer sind viele Frauen im Alter schlechter gestellt als die Männer. Da wäre es für die Bürgerlichen wichtig gewesen, wenn sie auf die in dieser Session diskutierte BVG-Revision hätten verweisen können, welche die Situation der Frauen in der zweiten Säule verbessern würde und damit ihre Situation insgesamt im Alter.
Das wird nun kaum möglich sein. Insofern spielt der Entscheid des Ständerats, die BVG-Vorlage nochmals in die Kommission zurückzuschicken, der Ratslinken in die Hand; bei der Volksabstimmung nämlich über die AHV-Reform und die Erhöhung des Frauenrentenalters.
Politik ist manchmal ein komplexes Spiel. Das musste auch der Ständerat erfahren. Und die grosse Frage bleibt, wie es mit der Reform der zweiten Säule weiter geht.