Darf ich eine Flasche Wein annehmen oder ist das Korruption? Muss ich meine Mandate öffentlich bekannt geben? Solche Fragen stellen sich neue Parlamentsmitglieder. Für sie hat der Bund einen Leitfaden publiziert. Darin ist neu auch festgelegt, dass die bis jetzt weitgehend obskuren parlamentarischen Gruppen ihre Mitglieder offenlegen müssen.
Mehr als 150 parlamentarische Gruppen gibt es. Zum Beispiel «Kinder und Jugend», «Bienen» oder «Mehrsprachigkeit». Das öffentliche Interesse daran, wer in diesen Gremien sitzt, ist nicht so gross. Anders sieht es bei den parlamentarischen Gruppen «Schweiz Russland», «Schweiz Kasachstan» oder «Schweiz Israel» aus, weil sie aussenpolitische Interessen tangieren.
«Mehr Licht in den Dschungel»
Hans Stöckli (SP) verantwortet als Vizepräsident des Ständeratsbüros die neue Regel. «Es ist wichtig, dass die Bevölkerung weiss, in welchem Interessengebiet man zusätzlich noch aktiv ist», sagt er und gibt sich zuversichtlich, «dass wir jetzt etwas mehr Licht in diesen Dschungel bringen.»
Dass die parlamentarischen Gruppen neuerdings ihre Mitglieder offenlegen müssen, war eine Empfehlung der Gruppe GRECO gegen Korruption des Europarates. Sie kritisierte die Intransparenz dieser Gruppen wiederholt.
SVP-Nationalrat Erich von Siebenthal, Präsident der Gruppe Schweiz Israel, die 50 Mitglieder zählt, begrüsst die neue Transparenzregel. Es sei aber möglich, dass einige der Mitglieder nicht mehr dabei sein wollten. «Ja, das kann sein. Es ist jedem persönlich überlassen, wie er das bewertet», meint von Siebenthal. «Ob es Austritte gibt oder nicht, werden wir sehen.»
Sanktionen für Nichteinhalten fehlen
Für die Organisation «Transparency Schweiz» hingegen geht die neue Regel zu wenig weit. Sie sei ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. «Es fehlen aber weiterhin wichtige Angaben zu diesen parlamentarischen Gruppen», findet Geschäftsführer Martin Hilti. «Nämlich insbesondere Angaben zu den Finanzierungsquellen und zum Budget.»
Der neue Verhaltenskodex für Parlamentsmitglieder sei grundsätzlich nicht verbindlich genug, kritisiert Hilti. So fehlten etwa Sanktionen. Falls eine der parlamentarischen Gruppen ihre Mitglieder nicht vollständig offenlege, habe das keine Folgen.