Der Ständerat hat heute eine Motion abgelehnt, die dem Bundesrat verbieten wollte, das Institutionelle Abkommen (Insta) zu unterzeichnen. Der Vorstoss stammt vom Schaffhauser Ständerat Thomas Minder (parteilos).
Minder sieht in dem Abkommen einen Schritt Richtung EU-Mitgliedschaft, inklusive Souveränitätsverlust und unvorhersehbarer Rechtsentwicklung. Die dynamische Rechtsübernahme sei für die Schweiz ein «Super-GAU», sagte Minder.
Die Drohungen der EU werden einfach in einen anderen Bereich verlagert.
Grosse Vorbehalte hat Minder auch gegen den Streitbeilegungsmechanismus. Ein solcher sei mit dem gemischten Ausschuss bereits vorhanden, werde vom Bundesrat aber nicht genutzt. Vor allem aber ist er überzeugt, dass auch mit einem Rahmenabkommen die Schikanen durch die EU nicht aufhören würden.
Das grosse Ganze im Auge behalten
Bei allen Vorbehalten gegen das Abkommen hielt die grosse Mehrheit des Ständerats Minders Forderung für falsch und lehnte die Motion mit 34:5 Stimmen klar ab.
Das Insta befinde sich noch nicht einmal in der parlamentarischen Beratung, sagte Damian Müller (FDP/LU). Die Debatte abzubrechen, bevor sie richtig zu Ende geführt sei, wäre wohl «auf dem Niveau eines schlechten Aprilscherzes», betonte er. Man dürfe auch nicht nur das Haar in der Suppe suchen, sondern müsse das grosse Ganze sehen: «Wir garantieren unserer Wirtschaft mit diesem Abkommen auf absehbare Zeit den Zugang zum wichtigsten Exportmarkt.» Wer arm sei, werde auch nie souverän sein.
Mit einem Abbruch würden wir die Bürger für dumm verkaufen.
Aussenminister Ignazio Cassis mahnte ebenfalls zu Geduld. Derzeit seien die Aussprachen im Gang. Der Bundesrat wolle die Schwachpunkte identifizieren und festlegen, was am Vertrag verbessert werden könne. Am Montag hatte der Bundesrat mit den Parteien Konsultationen durchgeführt. Die Positionen sind bekannt: Die SVP sagt Nein, alle anderen Parteien stimmen einem Rahmenabkommen mit mehr oder weniger grossen Vorbehalten zu. Heute sind die Sozialpartner an der Reihe.
«Alternativlos» oder Frage der Abwägung?
Traktandiert war in der kleinen Kammer auch eine Interpellation von Beat Vonlanthen (CVP/FR). Er hatte den Bundesrat nach den Auswirkungen eines Scheiterns der Verhandlungen mit der EU auf den bilateralen Weg gefragt.
Dieser wiederholte die bekannten absehbaren Folgen: Keine neuen Marktzugangsabkommen, keine Aktualisierung der bestehenden Abkommen, hohe Hürden in anderen Bereichen. Zu den volkswirtschaftlichen Auswirkungen verwies der Bundesrat auf eine Studie, die die Kosten eines Wegfalls der Bilateralen I auf bis zu 630 Milliarden Franken bezifferte.
«Das Rahmenabkommen ist alternativlos», lautete Vonlanthens Fazit. Aussenminister Cassis' Urteil fiel weniger absolut aus: Am Ende des Tages sei es eine Frage der Abwägung, sagte er. Cassis hatte kurz zuvor bei der Behandlung des Aussenpolitischen Berichts 2018 unter anderem festgestellt, dass der Brexit die Beziehung zwischen der Schweiz und der EU belastet und beeinflusst habe: «Wir wären ohne Brexit nicht da, wo wir jetzt sind.»