Nachverhandlungen beim Rahmenabkommen sind ausgeschlossen – Präzisierungen jedoch möglich, solange sie schnell erfolgen. Das hat die EU-Kommission der Schweiz signalisiert.
Die Gewerkschaften hingegen halten an den Nachverhandlungen fest. Denn für sie ist klar: Der Schweizer Lohnschutz ist mit der vorliegenden Version gefährdet. Die Arbeitnehmenden dürften nicht den Preis für die Bilateralen zahlen, sagt Gewerkschafter Daniel Lampart.
SRF News: Wie schätzen Sie den Brief aus Brüssel ein?
Daniel Lampart: Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat noch nicht ganz verstanden, was das Problem hier in der Schweiz ist. Wir haben die höchsten Löhne in Europa und brauchen den besten Lohnschutz. Wir wissen: Wenn wir EU-Recht und damit Entscheide des Europäischen Gerichtshofs übernehmen müssen, kann ein Teil unseres Lohnschutzes empfindlich unter Druck kommen.
Brief von Jean-Claude Juncker an Ueli Maurer
Sie wehren sich also grundsätzlich gegen den Rahmenvertrag, so wie er jetzt formuliert ist?
Wir sind nicht grundsätzlich gegen den Rahmenvertrag. Aber es ist klar, dass der Bundesrat und die Verhandlungsdelegation garantieren muss, dass wir unsere Löhne eigenständig schützen können.
Nicht nur die Schweizer Arbeitnehmenden profitieren vom Lohnschutz.
Juncker hat im Brief geschrieben, dass am jetzigen Rahmenabkommen nichts mehr geändert wird. Gibt es nichts, das Sie umstimmen könnte?
Wenn die EU-Kommission bereit ist, den Schweizer Lohnschutz zu akzeptieren – das heisst, die flankierenden Massnahmen vom Rahmenabkommen auszuklammern. Denn nicht nur die Schweizer Arbeitnehmenden profitieren. Auch Arbeitnehmende mit einem deutschen oder französischen Pass haben Recht auf einen Schweizer Lohn, weil auch sie Schweizer Preise zahlen.
Es ist zu erwarten, dass die EU den Druck auf die Schweiz erhöht. Gleichzeitig warnt der Wirtschaftsverband Economiesuisse vor einem Arbeitsplatzverlust, wenn es zu Konflikten mit der EU kommt. Wollen Sie dies riskieren?
Es ist sehr problematisch, wenn man die bilateralen Verträge so auszugestalten versucht, dass es gegen die Arbeitnehmenden ist. Die Arbeitnehmenden kommen in der Schweiz lohnmässig kaum mehr vom Fleck, das Leben wird immer teurer. Und nun sollen sie noch Lohndruck in Kauf nehmen.
Wir erwarten andere Signale von Economiesuisse.
Da erwarten wir von Economiesuisse schon andere Signale. Man könnte sich vorstellen, dass die Schweiz sich zum Beispiel stärker finanziell beteiligt an der Entwicklung von problematischen Bereichen in der EU, etwa von einkommensschwachen Regionen. Aber sicher nicht, dass die Arbeitnehmenden den Preis für die Bilateralen zahlen müssen.
Das Gespräch führte Priscilla Imboden.