- Mit über 60 Corona-Infektionen pro 100'000 Einwohner gehört Frankreich eigentlich auf die Liste der Risikoländer für die Schweiz.
- Sollte Frankreich offiziell auf die schweizerische Quarantäneliste des BAG gesetzt werden, wäre das für viele Schweizer Grenzkantone ein Horrorszenario.
- Denn sie sind auf den freien Personenverkehr ihrer Grenzgänger angewiesen. Die Grenzkantone setzen darum alles daran, den Bund von möglichen Alternativen zu überzeugen.
Im Kanton Genf wären die rund 80'000 Genfer Grenzgänger voraussichtlich nicht betroffen. Wer aber einen Wohnsitz in der Schweiz hat, ein Ferienhaus oder die Familie ennet der Grenze besucht, hätte gemäss den Vorschriften eine zehntägige Quarantänepflicht zu erfüllen.
Zudem befürchtet nicht nur der Kanton Genf eine Retourkutsche, sollte Frankreich auf diese Quarantäneliste kommen – mit unabsehbaren Folgen.
Regel untauglich für den Alltag
«Bern muss ein Augenmerk auf unsere besondere Situation haben und eine angepasste Lösung finden, falls Frankreich auf die Rote Liste kommt», sagt dazu Antonio Hodgers, Präsident des Genfer Staatsrats. «Die geltende Quarantäneregelung ist nicht gemacht für einen Alltag, wie wir ihn in der Region haben, sondern ist gedacht für Touristen aus entfernten Gegenden.»
Auch für die Region Basel wäre es eine schwere Belastung, wenn Frankreich auf die Rote Liste käme, sagt Lukas Engelberger, der Basler Regierungsrat und Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK): «Wir würden vorschlagen, Regionen innerhalb Frankreichs zu bezeichnen, also Risiko-Regionen statt die Bezeichnung von ganz Frankreich als Risikoland.»
Die verschiedenen Regionen Frankreichs seien unterschiedlich betroffen. «Vor allem Paris und die Mittelmeer-Region haben hohe Werte, unsere Nachbarschaft aber nicht. Es wäre sachgerechter, die Risiko-Definition auf einzelne Regionen zu beschränken», schlägt Engelberger vor.
Über diese Möglichkeiten diskutieren derzeit die Kantone mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG). Dieses bestätigt, man sei mit den Kantonen sowie den französischen Behörden in Kontakt.
Pragmatismus gefordert
Vincent Subilia, Direktor der Genfer Handelskammer, zählt auf die Vernunft – man müsse regional denken, statt national: «Die für die Gesundheit relevanten Grenzen sind nicht dieselben wie die nationalen Grenzen.»
Darum sei Pragmatismus gefragt, denn die betroffenen Kantone sagen, man könne es sich nicht leisten, die wirtschaftliche Krise in den Grenzregionen noch weiter zu verschärfen.
Der Entscheid dürfte in diesen Tagen gefällt werden. Je nach Entscheid der Schweiz, würden unzählige Fragen und Probleme auftreten, sagt Bundeshaus-Redaktor Urs Leuthard: «Was ist mit Bauern, die in der Schweiz wohnen, aber Land in Frankreich bewirtschaften?»
Staaten und Gebiete mit Quarantänepflicht
Der Druck der Grenzkantone sei gross, nicht ganz Frankreich auf die Quarantäneliste zu nehmen, sondern nur die besonders betroffenen Regionen, so Leuthard. «Da zählen die an die Schweiz grenzenden Gebiete im Moment nicht dazu. Eine solche Regionalisierung ist durchaus möglich, das zeigt aktuell das Beispiel Spanien: Das Festland ist auf der Risikoliste, die Kanarischen Inseln sind es nicht.»
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