Das passiert bereits heute in den Redaktionen: Viele Journalistinnen und Journalisten lassen Künstliche Intelligenz (KI) für sie arbeiten, indem sie beispielsweise lange Dokumente von Behörden zusammenfassen lassen. Auch Vorschläge für einen Titel oder Textabschnitte kann man ein Programm machen lassen.
Beim Verlagshaus Ringier treibt Thomas Benkö die digitale Entwicklung voran. Er entscheidet, wie und wo beim Blick Künstliche Intelligenz eingesetzt wird. Im Bereich Sport wagt sich der Blick auf neues Terrain. So lässt der Verlag Fussballspiele textlich automatisch zusammenfassen, ohne menschliches Zutun. «Dadurch können wir das Angebot für unsere Leser erweitern», so Benkö.
Das könnte Künstliche Intelligenz in Zukunft übernehmen: Bereits heute liessen sich auch Matchberichte in Form von Videos automatisch machen. Ein Programm sucht bei einem Hockeyspiel oder einem Fussballmatch die Highlights heraus und erstellt eigenständig eine Zusammenfassung.
Beim Blick pröbelt man an einem eigenen Chatbot. Mit diesem kann man sich als Leserin unterhalten und gezielt nach Artikeln suchen. Auch Übersetzungen in andere Sprachen sind technisch möglich, samt Anpassung der Lippenbewegung des Moderators im Video.
Hier liegen die rechtlichen Grenzen: Juristisch sei vieles noch ungeklärt, was die Anwendung von KI im Journalismus angeht, sagt Claudia Keller. Sie ist Juristin und Expertin für digitale Fragen rund um Urheberrecht und Leistungsschutzrecht.
Zwar hat die Europäische Union in ihrem AI Act (Verordnung über Künstliche Intelligenz) ein Regelwerk verabschiedet. Doch Keller rechnet nicht damit, dass die Schweiz nachzieht: «Der Bund war bislang der Ansicht, dass die bestehenden Gesetze genügen. Es brauche nur punktuelle Anpassungen, etwa beim Datenschutz.» Der Bundesrat hat auf Frühling einen Bericht angekündigt, in dem er aufzeigen will, wo er in Sachen KI Regulierungsbedarf sieht.
So handhaben die Medienhäuser den Einsatz von KI: Ringier hat sich bereits früh eigene Richtlinien gegeben im Umgang mit KI. Thomas Benkö fasst die drei wichtigsten Aspekte zusammen: «Vorsichtiger Umgang mit sensiblen Daten. Wir kennzeichnen, wenn KI zum Einsatz gekommen ist. Und es wird nichts publiziert, ohne dass es ein Mensch kontrolliert hat.»
Ähnlich geht SRF mit KI um. Christian Schürer ist bei SRF Mitglied der KI-Ethik-Gruppe: «Wir wollen keinen vollautomatisierten Journalismus, bei dem KI Bilder oder Texte produzieren ohne Prüfung durch Journalistinnen.» Weiter dürfe das Publikum nicht getäuscht werden, indem künstlich hergestellte Töne oder Bilder für echt gehalten werden könnten.
Seit diesem Jahr gibt es auch vom Schweizer Presserat einen Leitfaden zu Künstlicher Intelligenz.
Wie KI den Journalismus verändert: Die Bedeutung von KI wird zunehmen. Sie kann den Journalistinnen Routine-Arbeiten abnehmen, Journalisten bei der Recherche helfen und Zeit sparen, damit mehr Ressourcen frei werden. Dass KI Menschen ersetzt, davon geht Thomas Benkö nicht aus: «Momentan führt KI nicht zu Entlassungen. Durch die Zeit, die Journalisten dank ihr gewinnen, können sie in vertiefte Recherche stecken.» Doch klar ist, das Berufsbild wandle sich. So wie es bereits mit dem Aufkommen des Computers und des Internets der Fall war.