Zum Inhalt springen

Rückschlag für Ueli Maurer Ständerat weist Vorschlag zur Heiratsstrafe zurück

  • Die Benachteiligung von rund 700'000 Ehepaaren bei der direkten Bundessteuer, die sogenannte Heiratsstrafe, bleibt vorerst bestehen.
  • Eine Allianz aus FDP und SP hat einen Vorschlag des Bundesrats zu deren Beseitigung im Ständerat mit 25 zu 18 Stimmen zurückgewiesen.
  • Der Bundesrat hatte nach der Annullierung der Abstimmung über die CVP-Initiative gegen die Heiratsstrafe einen eigenen Entwurf erarbeitet.
  • Nun muss noch der Nationalrat über den Vorschlag befinden.

Der Vorschlag des Bundesrats zur Abschaffung der Heiratsstrafe hat die erste Hürde nicht geschafft. Er scheiterte am Widerstand von rechts und links.

Vertreter der FDP argumentierten, dass die Vorlage zu kompliziert sei und neue Ungerechtigkeiten schaffe. Vertreter der SP hingegen kritisierten, dass die Reform vor allem den reicheren Ehepaaren zugute käme. Denn schon heute bezahlten rund die Hälfte der Ehepaare keine direkte Bundessteuer.

Bundesratsvariante kostet 1.5 Milliarden

Box aufklappen Box zuklappen
Legende: Keystone

Stand heute: Bei einem ledigen Doppelverdienerpaar werden die beiden Einkommen jeweils einzeln besteuert. Ist das gleiche Paar aber verheiratet, werden die Löhne zusammengezählt. Das Einkommen fällt damit in eine höhere Steuerprogression – die Steuerrechnung des Bundes fällt entsprechend höher aus. Betroffen sind rund 700'000 Ehepaare.

Vorschlag des Bundesrats: Die Steuerbehörden sollen künftig bei Ehepaaren zwei Varianten durchrechnen. Eine Besteuerung nach gemeinsamer Veranlagung und eine in Anlehnung an die Besteuerung von Konkubinatspaaren. In Rechnung gestellt würde dann automatisch der tiefere Betrag. Die Änderung würde zu Mindereinnahmen von rund 1.5 Milliarden Franken führen.

Finanzminister Ueli Maurer erklärte, dass es mittlerweile ein «running gag» in seiner Familie sei, dass er zwar nach Bern gehe, aber es nicht schaffe, das Problem der Heiratsstrafe zu beheben. Sein Appell, der Vorlage zuzustimmen und alles Weitere in einem nächsten Schritt anzugehen, blieb unerhört.

Der Ständerat sprach sich am Ende mit 25 zu 18 Stimmen gegen eine Detailberatung aus und wies das Geschäft zurück. Dies, obwohl die vorberatende Kommission die Vorlage knapp zur Annahme empfohlen hatte. Folgt ihm der Nationalrat, muss die Landesregierung erneut über die Bücher.

«Unendliche Geschichte» geht weiter

Das Thema beschäftigt die Politik seit Jahren. Pirmin Bischof (CVP/SO) sprach in seinem Votum von einer «unendlichen Geschichte». Schon 1984 erklärte das Bundesgericht die steuerliche Benachteiligung von Ehepaaren für diskriminierend. In den Kantonen wurde sie daraufhin beseitigt.

Auf Bundesebene blieb sie jedoch bestehen. 2016 lehnte das Stimmvolk eine Initiative der CVP zur Abschaffung dieser Heiratsstrafe knapp ab. Drei Jahre später, im April 2019, entschied das Bundesgericht, die Abstimmung zu annullieren. Der Grund: Der Bund hatte mit falschen Zahlen operiert.

Rückzug bis spätestens 27. Mai 2020

Der Urnengang muss also wiederholt werden – vorausgesetzt, die Initiative wird nicht zurückgezogen. Ob die CVP sie zurückzieht, hängt im Wesentlichen davon ab, ob sich das Parlament auf neue gesetzliche Regeln einigen kann.

Ein Rückzug des Volksbegehrens ist möglich, bis der Bundesrat den Abstimmungstermin festlegt. Dies müsste er vor dem 27. Mai 2020 tun.

Auch im Nationalrat droht eine Abfuhr

Box aufklappen Box zuklappen
Nationalratssaal
Legende: Keystone

In der nächsten Session wird die Vorlage des Bundesrats gegen die Heiratsstrafe im Nationalrat debattiert. Es sei gut möglich, dass ihr dort ebenfalls eine Rückweisung drohe, sagt Priscilla Imboden, Bundeshaus-Korrespondentin von Radio SRF. «Denn SP, FDP, Grüne und Grünliberale, die auch für eine Individualbesteuerung sind, bilden heute knapp keine Mehrheit.» Aber nach den Wahlen im Herbst werde ein neues Parlament über die Vorlage befinden: «Dann könnte es neue Mehrheiten geben.»

Für die CVP könnte das ungemütlich werden. «Sie wollte ihre Initiative nach der Reform, wie sie der Bundesrat vorsah, eigentlich zurückziehen.» Denn auch ihr sei die Definition von Ehe als eine Verbindung zwischen Mann und Frau, wie sie im Initiativtext steht, nicht mehr genehm. «Sie will diese Debatte, die auch dazu beigetragen hat, dass die Initiative abgelehnt wurde, nicht nochmals führen», so Imboden.

Meistgelesene Artikel